Texte mit Schlagwort‘gesellschaft’



mensch wird in zeitlupe vom hai gefressen

schelling sagt, dass das boese nur ein scheinbild des lebens ist – ein schwanken zwischen sein und nichtsein, das nichtsdestoweniger aber dem gefuehl sich als etwas sehr reelles ankuendigt. das boese ist nichts anderes als das relativ nichtseiende, das sich zum seienden erigiert, also das wahre seiende verdraengt. es ist von der einen seite ein nichts, von der anderen ein hoechst reelles wesen. das boese produziert nicht, es truegt. als ablenkung deshalb attraktiv und verfaenglich begehrenswert. alle lauschen. schelling macht kunstpausen waehrend des sprechens. seine gesten wohlgeuebt und vorschnell asynchron geworfen. er moechte jemanden beeindrucken. [pn]

haus der trivial aufgehenden sonne

eric burdon sah fuer seine stimme damals zu jung aus. interessant wie asynchron ein mensch laufen kann. keine uhr kann das.
mit dreiundzwanzig jahren dachte burdon nicht : ich muss erst bei wikipedia nachschauen, ob das wort, dass ich gleich im gespraech benutze auch die definierte entsprechung des gefuehls dafuer ist. eric burdon musste nicht erst auf metaebene ueberlegen, ob ein derartiger gedanke eventuell ungesund sein koennte. ein dreiundzwanzigjaehriger heute fragt sich : wer ist eric burdon ?

ein britisches tablettenkind, dass eine pille schmeissen will am wochenende ? oder taeglich. eine eintagsfliege mit schlechten zaehnen? alles eine frage der routine – die gibt es auch in wirtschaftsklostern. elitenbildung auf der gegenueberliegenden strassenseite. . kritik ? suche nach gardemass in der leere in einem anderen stadtteil. hohlphrase : das geld ist guetig und tragisch zugleich. im geld sind alle gleich. wiederholungen sind langweilig. selbst wiederholungen von worten sind langweilig. wovon soll eigentlich was losgeloest werden? wer fragt das ?

der erzaehler oder die stimme im kopf im moment des lesens ? vorsicht vor selbstreferenzialitaeten. dies ist hypermodern. haiper sogar. wenn selbst galaxien voneinander abgestossen werden, wie dynamisch sind das unsere eigenen teilchen ? new age. old age. middle age. im alltag ist kein platz fuer tarot. gut so. auch unscharf die idee, wir seien energie und sternenstaub. keine linderung. viel religion ist viel krieg. lernen aus der geschichte? selbst der grundschullehrer schuettelt seinen kindern mit der freien hand den kopf, waehrend er im spiegel blaettert. hitler ist ein coverstar. breaking news : mein nachbar trennt nachts fischen mit einer stumpfen schere die koepfe ab. abbilden. vielleicht aufhoeren mit der fluechtigkeit? fuer einen moment wenigstens. falsche und richtige analsye sind kynismus. vielleicht wurde das immer schon so gemacht. denn : nur das aktuelle ist vollstaendig und attraktiv. diese kulturtechnik im koenigsplural als massenphantasma aufgeblasen – eine reproduktionsanstalt von sozioemotionalen schnittmengen. schoenheiten in uns erfinden. das fernsehen ist dabei in wahrheit die hoechste aller kuenste. inselbildung ist reine bereitstellung. was bedeutet dann integration von einzelnen subjekten in eine moderne gesellschaft ? anforderungen. steuergesetze. verbote und chancengleichstellungsausgleichsbehoerden.

in welchen homogenen behaelter wird inkorporiert ? welches konstrukt stellt die masse furchtlos und demonstrativ bereit ? ein leicht beschreibbares material eignet sich. grosse abwaschbare oberflaechen sind im einsatz. die strasse ist swingerclub. medien sind omnipotent, sagen deren macher. zitat : zum aufwaermen von kollektiven erinnerungen wird eine psychische mikrowelle benoetigt. ergo : das ego – staendig durchsichtig duch die fehlende trennung von oeffentlichem und privatem leben. der umstand wird gefeiert. diese an sich neutrale tatsache hat einen entscheidenen schwachpunkt : das kollektiv beginnt bereits bei zwei subjekten. alles ist hier so furchtbar schnell vollgemalt mit leichtfertigen schwuengen. ohne ueberlegung und ohne vorlage. nicht mit weichem bleistift – mit edding. die membran wird zusammengeknuellt und mangels alternativen wieder geoffnet. diese erdachte ultra-offenbarung, als bollwerk der letzten verdriesslichkeit, ist windiges refugium und aufenthaltsort fuer nur wenige generationen, die alle ihre eigenen revolutionen erleben wollen. bio-convenience-food. zeit und frustration wird gespart. der koerper ist maschinell und war es immer schon. nur sind diesmal die gewichtungen verschoben. die kopfprojektoren brennen jedoch knallend aus. geistige potenzschwaechen und leistungsschauen der exzession sind krankheitsbild der kippfreudigen ueberflussgesellschaft. das wissen um das naehern an den pointofnoreturn laueft parallel zum umkippen selbst. die darauf gerichtete aufmerksamkeit macht blind fuer das tatsaechliche uebersteigen der bruchgrenze. keine reflexion ueber die scheinbare regression, sondern beschwichtigungen sind zwingend notwendig :

der wunsch nach abstieg produziert erst den widerstand. arbeitsbeschaffungsmassnahme. eine aufklaererisch-romantische haltung kaempft mit papiertuechern gegen die loecher in der schiffswand durch die die beschleunigung selbst dringt. dieses fade und lustlose bild gibt sich die kulturindustrie selbst. es ist ihre letzte armee. sie trinkt die rasendsuesse betaeubung dankbar aus. als zuschauerpassagier schaukelt man selbst gerne von innen mit an, aus neid nicht teilzunehmen. zu verpassen. the good life ? besser loslassen. es wird schon zu viel geschrien. es muss aber nicht zwingenderweise schlechter werden.

“ 2008 ? “ denkt dann ein kopf. “ ging das nicht zu schnell ? ist das schon unsere zukunft ? “ einige wollen warten. oder wollten ? folge : die metaphorik muss erkalten und gleichzeitig ausreichend barock bleiben, um noch nahrungsquelle zu sein. ein drahtseilakt. [pn]

rote fahne bei rtl2

nicht politisch, sondern im waschbecken. blutspucke und alkoholgestank. news. ein doppeldeckerbus faehrt vorbei. thomas koschwitz macht werbung fuer seine morgenshow. als aufkleber. manche leute sehen nach gewichtsabnahme wie krebskranke aus. sie waren zu lange als dicke bekannt. im netz lese ich spaeter, dass er 2002 einen schlaganfall hatte. so oeffentlich ist das gar nicht.

bei verdacht: nichts zu trinken geben. es besteht aspirationsgefahr, da das gehirn des betroffenen womoeglich den schluckvorgang nicht mehr steuern kann.

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stichstrecke

ubahn. rush hour. zwei arbeitskollegen(?) unterhalten sich :

sie : mein vater hat krebs.
er :meiner auch,darmkrebs.sie wussten nicht,ob der tumor boesartig ist.
sie : dann hat er doch so einen plastikdarm ?
er : ja.
sie : mein vater hat brustkrebs – als mann.

er steht, um auszusteigen.

sie : dann arbeite nicht so viel. schoenes wochende.
er : tschuess.

hier bleibt mir der apfel, den ich esse, im hals stecken.

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die volksbuehne wird umgebaut

schaut auf das verhaengte, jetzt ist die strasse aehnlicher, die reste verschwinden, jahre werden zu tagen. eine schwarze honda wird mit laufendem motor vorbeigeschoben, benzingeruch geht den buergersteig herunter. wir verhalten uns gegenseitig, liegen hier und da, setzen uns auf den blanken boden, so jung sind wir. bitte erzaehle mir nichts neues mehr, es wirft mich um. ich haette anders leben sollen. mit koffein wird die paracetamol dann leichter und rauscht im blut. [pn]

filmregen

rasenflaeche. ich sitze auf der steinkante. selbst der russe neben mir spricht ueber neuordnungen und politische bildung. da hat er absichten insgeheim in sich geschoben, die keiner der hier anwesenden erfuellen kann. er telefoniert. ich drehe mich ab, mit dem styroporbecher in den haenden. sofort wird mir schlecht. geworden! er lacht ueber sein deutsch. integriere dich, meint er zu mir, als ich den kaffee wegschuette. er beginnt, ohne dass ich mich wehren kann :

in unserer zeit ist selbst ein stuhl zur suende geworden. wieso? da das sitzen unerhoerterweise zum selbstzweck geworden ist. geworden! nicht aus gruenden der faulheit, da diese ja nur im vergleich betrachtet wird. im gegenteil, es sind aesthetische gruende.

er amuesiert sich ueber das tempus, als sei es gezeitenwechsel an einem verdreckten strand seiner vor-vergangenheit. die leute koennen selbst in sibirien im sommer durch fluesse steigen und an buchten im meer versinken, bevor der eisboden nasenbrueche fabriziert. er haelt eine unsichtbare flasche an den hals, schlaegt mit zwei fingern dagegen und lacht sein so-geht-das. woher diese freude? ich habe mich bereits mehrere schritte entfernt, als er mir gruessend entgegenkommt. dem putin ganz aehnlich, denken die teutonen im park und greifen nach heruntergefallenen muenzen. du bist gar kein russe, sage ich und will ihn nicht durch willkuerliches raten verletzen. da haben wir alle noch einmal glueck gehabt. niemand wurde totgeschlagen, wenigstens in den naechsten vierhundert minuten in dieser stadt. da lacht er wieder, diesmal wohl ueber eine dilletantische moral am anderen ende der leitung. [pn]

lasst euch alle aufs rotieren ein

man kann sich auch im trueben licht betrachten, denkt der mann und fasst sich zur sicherheit in sein kranichgesicht. lassen sie die kleidung ruhig an, sagt er und hebt das kinn, als wuerde sein kopf nach vorne fallen. ich sollte jetzt nicht muede sein, sagt er, gerade laut genug, dass ihn die prostituierte hoert. sie hat die beine nicht uebereinander geschlagen, doch der kranichmann verspuert keinen reiz. er hat durst. die frau unterbricht ihn: wollen sie mir einen namen geben? sie haben schon fuer eine stunde bezahlt und glauben sie mir, ich muss nicht gerettet werden. von ihrer sorte kommen jede woche zwei.

im raum, der schuhkastenfoermig den schall schluckt und nur platz fuer das bett und eine kleine kommode laesst, wird es still. der elektrische strom selbst ist hoerbar, in den waenden klopfen andere sich den frust aus ihren koerpern, leiten ihn in fremde knochen. du bist meine tochter, sagt der mann beim aufstehen, die bettkante lehnt sich zurueck. die frau kann jetzt sehen, dass er eine ganz schmale nase traegt, kurz und bescheiden. als er weiterspricht glaubt sie erst an eine luege, an den witz eines perversen. seine unlust ist dafuer zu echt. sie wusste, dass sie adoptiert wurde und bei fremden aufgewachsen ist. die waren gut zu ihr, aber immer still. immer leise, dass sie in den raeumen der elterlichen wohnung – stiefeltern, unterbricht sie der kranich, stiefeltern – sie verbessert sich und bejaht , waehrend sie im abgetrennten nassbereich die eigene gesichtsform abgleicht. ihr faellt erneut nur diese stille ein, die dumm und hohl war. als kleines maedchen musste sie deshalb schon zwingend laut sein. wurde ermahnt in dieser gruft zu leben, beruehrt nur von badezimmerkacheln, vom besteck mit langen griffen oder den gelben teetassen. in der hand lag nichts, staendig begleitet vom blick der zaudernden und immer verschreckten mutter, die tagelang im bett gelegen hat, als anabelle dann spaeter weglief. laut war sie beim hinaustreten aus der korktuer, die gewalt der geraeuschkulisse in dieser nacht beschlug ihr dicht die trommelfelle.

ich kenne dein leben nicht, sagt der mann, kann dir auch nichts geben, weil ich selbst nichts habe. wir koennen an der ecke einen kaffee trinken, im bratendunst, mit stoerenden anderen, die uns die begegnung zermalmen wollen. sich im gedaechtnis einbrennen, durch ihre grobheit. staendig zum ueberstreichen unserer vorsichtigen bilder bereit, da sie sehen, dass unser schluck vom becher, dein blick, meine armbewegung und unser atemzug unwiederholbar sind. im licht wirst du sehen, dass ich anders bin und gleichzeitig nicht besser als jeder andere mensch auf deiner bordsteinkante.

als es an der tuer klopft wissen beide nicht in welcher reihenfolge sie gesprochen haben. ergaenzt und ein wenig gluecklich sich wenigstens in dieser haelfte zu begreifen, bewahren die worte anabelle davor mit dem vater zu gehen, den raum wirklich zu verlassen. stattdessen blickt sie in den papiergefuellten abfalleimer.

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wehrmannrente

jede bevormundung durch die vorgesetzten ist zu vermeiden, sagt holler und kratzt sich hinter dem feuerwehrohr. die kinder klappen im hof die stuehle zusammen. holler schweigt, er hat dem schwiegersohn nichts zu sagen. dieser haelt die geputzten stiefel an den senkeln in der hand. holler vergisst selbst den vornamen oft, nennt ihn sohn, obwohl er es nicht glauben kann.
judith steht in entfernung unter den birken und winkt ihnen zu. magst du ein bier ? fragt der schwiegersohn, waehrend er in halber drehung die strenge frage stellt und holler in die augen blickt, weil es heute sein muss. holler nickt, als lernte er diesen mann gerade kennen. judith hakt sich bei ihm ein. sie traegt keine kleider mehr, es ist noch warm fuer oktober. holler wechselt das standbein, bleibt aufrecht in seinem zweimeter koerper stehen. einsachtundneunzig, lacht er jedes mal, wenn er von unten gefragt wird. zaeher braten auf den tellern, sie haben im dorf eine alte kuh geschlachtet, weil sie wegmusste. holler zieht mit dem fingernagel eine faser zwischen den zaehnen hervor. die kinder umringen ihn, wuenschen, dass er mit langen schwuengen ihre arme haelt und sich dreht. lass, sagt seine frau und schaut an ihm vorbei. lass, ist zu gefaehrlich.
holler kratzt wieder hinter dem ohr. im wohnhaus gibt es zwei duschen, den russ kann man abwaschen, an den geruch sind alle gewoehnt. streichholz nennen ihn die kinder, wenn sie durch die luft fliegen. holler trinkt ein bier und stellt es auf dem kiesweg ab, drueckt damit eine kleine mulde in die steine. vorgestern: die hitze hat ein loch in den estrich geschlagen, die fenster sind nicht zersprungen, haben sich nach aussen gewoelbt, als haette ein glasblaeser daran gearbeitet. der raum jetzt schwarz tapeziert, der fernseher ein klumpen, ein kleiner orkan in der mitte des zimmers, fetzen von briefen und buechern wirbeln umher, grobes und feines papier, die worte sinken in die lungen ohne atemgeraet. erst waren die anliegenden tueren zum brandherd geschlossen, dann waehrend der flucht der bewohner durch gleichzeitiges oeffnen – sauerstoffzufuhr – lebensspendende energie fuer das rot. temperaturanstieg, die luft hartgebrannt, wie keramik aus dem ofen. die bewohner kleideten mit jedem atemzug ihr inneres aus, ohnmachtsgesten und fersenflucht, ein aneinander vorbeikriechen am boden, in den rauch verkrallte haende, kein platz fuer hilferufe. stille, die der koerper einstellt um kraft zu sparen. holler beugt sich lange herunter fuer das bier. er sieht judith, seine tochter, mit den kindern streiten. sein schwiegersohn hat die zeigefinger in die taschen gehaengt. er unterdrueckt jetzt eine ohrfeige. [pn]

nachbarfischbewegung

als die futuristen mit wut im augenwinkel das einschliessen der sonne in einen betonkubus einforderten, gelang es ihnen nicht von der zerstoerung der natur zum ueberziehen der armbinde eine atempause zu lassen. tropfend vom saft der heilsversprechen erstarrte ihre stimme und kein neues kunstlicht fiel auf die maschinenszenerie, keine beschleunigenden botschaften, nur leichenberge stapelten sich im himmel auf. [pn]

essig

reinigungsmittel. soviel flur , eigentlich nur sechs lange meter. grosse fliesen in kreisrunder bewegung buersten. das wasser grau machen, die ellenbogen daempfen. haare sind nach hinten gebunden. der henkel von dem eimer reisst demnaechst ab. es sieht so aus. die frau traegt eine neue blaue jeanshose. der diplomat tritt ein. er achtet auf seinen gang, die trocknenden stellen zwingen ihn zu einer absurden abfolge der schritte. er kann sich einen blick herunter nicht verkneifen, um folgendes zu sagen:

„gnaedigste, ich kenne sie nicht. aber nehmen wir an, ich wollte raum fuer eine seele schaffen. dann sagte ich zu dir, liebende duzen sich haeufig: ich finde einen undatierten brief von dir. deine sprache ist klar und schoen, ich lese ihn als erhielte ich ihn gestern. er verwirrt mich so sehr, dass ich angst vor ganzen saetzen habe. merkst du nicht, dass alles zerfleddert? als die kriege groesser wurden, wuchsen auch die dummheiten in uns. sie wachsen immernoch.“

sie schaut nicht hoch, als sie ihm antwortet und putzt dabei um seine schuhe herum: „ja.ich kenne dich.ich sehe dich in unserer wohnung.die maler sind da und treten auf den teppich. die ersten zoegern noch, dem rest ist es egal. unter den schuhen verschmiert die farbe jedoch nicht einheitlich. selbst der routinierte aesthet kann in dem muster kein ideal finden oder der situation eine schoenheit abzwingen. es ekelt dich fest, obwohl der teppich alt ist und die haeuser bald abgerissen werden. du wunderst dich ueber die sorglosigkeit der anwesenden und die enge deiner eigenen scheuklappen. beim wegdrehen streichst du dir einen faden von der schulter und gehst in den nebenraum. im tuerrahmen trittst du nicht auf die schwelle, du schliesst die tueren, bis auf einen spalt, so willst du sehen, wie die maenner lachen und arbeiten. ein flur wie eine promenade, grosse panoramafenster stehen offen und zeigen dir ein immergruenes tal.“

nachdem er kurz gezoegert hat, laechelt der diplomat und geht zufrieden ueber den frischgewaschenen boden. bevor er die tuer bis auf einen spalt hinter sich schliesst, stoesst er den eimer lautlos um. er bueckt sich sogar leicht dafuer. [pn]

jagdregel

an diesem tag zeige ich dir den fallenbau. die erste regel ist ein lauter auftritt, sei laut, die tiere sollen spueren, dass du naeherkommst. sei grausam, die tiere sollen deine konsequenz erkennen, sei beweglich mit jedem schlag, zeige deine handkante und kuesse den morgen. [pn]

nicht in die kamera schauen

drekopf denkt gross: gauss`sche normalverteilung. mathematische roehren, deine beine. kammerflimmern. er hoert auf und stellt sich ab, will auf die fahrt achten. der waggon zieht sich an der schiene entlang. ein anderer passagier sitzt und atmet ihm gegenueber. es wirkt gestellt. drekopf bleibt in seiner vogelstarre. er haelt sich fuer einen greif, weiss aber nicht aus welchen tieren dieser genau besteht. im gespraech wuerde er eine meinung vertreten, die er sich nicht glauben kann, lauter werden und mit den fingern auf den boden zeigen. die handflaechen abwechselnd drehen, um offenheit mit staerke zu vereinen. drekopf reckt seinen hals und hofft auf ein knacken. innerlich beschaeftigt er sich mit etwas aussichtslosem. die letzten tage rauschhaft, trotzdem traege. drekopf zieht eine neue schaerfe, unstetes dringt durch die verdunkelte scheibe. der circus ist in der stadt, plaziert am hauptplatz. zaunelemente modern, aber die farbe an den naiven buden blaettert weiterhin idyllisch ab. die schausteller haben ihren romantischen hades nicht verlassen koennen. sie treten nicht auf mit neuer akrobatik oder kommentierendem spott, stattdessen verkaufen sie ihre tradition durch ein hysterisches festhalten und an sich ziehen. inzestioese riten und geheimsprache. die artisten lassen alles fallen, was sie bewahren wollen. die klassischen kostueme werden zu abbildern, auf die nichts projiziert werden kann. der leere blick bleibt uebrig. tanzlachfest mit bierbude zum verweilen. banner draussen. kreditanstalt, autohaus und circuszelt in dreifaltigkeit. gemeinsame interessen.

der spoetter kriegt ein eisbein geschlagen. ist damit abgelenkt genug in den circusfarben zu verfallen, dem clown ein lachen aus der rippe zu reissen. drekopf ist kein feind der ueberforderung, er liebt sie, obwohl sie ihn oft wundern laesst. er spielt die circusmelodie im kopf, seltsam, dass der atmer hoechstwahrscheinlich dieselbe kennt. gemeinsame worte: die nachrichtensprecherin fabuliert ein kollektives gedaechtnis herbei, in das sich ereignisse eingebrannt haben sollen. drekopf lacht ueber die medien und wischt sich eine traene aus dem auge. er vergisst jetzt und will den atmer nun doch noch herzlich begruessen, gnaediger zuhoerer sein, mit einer geschickten luege erfreuen, die zaehne entbloessen bis zum gesunden zahnfleischrand. etwas aufmerksamkeit mit ihm teilen. der atmer steigt aus.

besser fuer dich, sagt drekopf und erinnert sich nicht, wieso er negativ ueber den circus gedacht hat. es gibt doch vielleicht erneuerer. die verzichten auch auf teure tiere, oder? zum verbiegen brauchen die nicht mehr als ihre eigenen koerper. wieso keine maschinenakrobatik, keine andere symbolik? verliert der circus seine existenz durch fehlende attribute? drekopf wartet auf ein neues sproedes bild. die begutachtung der zuschauer zieht die kiefer auseinander, laesst fallen in ein gemeinsames austossen von schlechter luft, maladie kann diskret entweichen. drekopf ist froh stiller geworden zu sein. er hampelt kaum, hat sich spezialisiert. jeder tag ist von einem gedanken belegt und soll sich dann konkret in eine zahl verwandeln. drei finger haelt drekopf im dunkeln in der hand und oeffnet die augen sehr stark dabei. sein kalender beginnt mit schluckgeraeuschen, schritten aus der bahn heraus. unter den neuen reklamen hinueberlaufen zum treppenschacht. linksbuendig gehen. wochenlang nur mit loeffeln essen. heizungen regulieren und planen, was er im kopf zu halten hat. meinungsmaschine, denkt drekopf, gezwungen zu urteilen, ohne abnehmer zu haben. ungesunde oekonomie. neue idee:

ich koennte mir einen neuen haarschnitt wuenschen, etwas, dass nicht rauschhaft erlebt werden kann. geht nicht.gibt es schon, sagt die frau neben ihm und leckt sich die finger vom essen sauber. in zwanzig minuten steht drekopf in der schlange, die sich in der eintrittskartenbude verbissen hat. er vergisst sich zu schaemen.

die clowns sind beliebt und gefuerchtet. die jungen wurden zum clownsein gezwungen. familienkodex. drekopf vermeidet das lachen. es sieht ihm zu daemlich aus. lachen ist fuer volltrottel. als er spuert, das ihm die mundwinkel zittern, quetscht drekopf etwas haut am oberschenkel. im zelt stinkt es nach pferd, weil die betreiber minuten vor der vorstellung fohlen durch die manege getrieben haben. das muss so sein. die zuschauer erwarten das ganze paket. das kaempfen gegen vorlieben und vorstellung, arbeitslosigkeit gegen schwarzfahrer. drekopf entspannt sich, achtet nicht wirklich auf die darbietung. er moechte sich die vorstellung lieber hinterher ausdenken. vielmehr gestattet er sich als zuschauer, er haette darum lieber nur allein mit seiner anwesenheit bezahlt. artisten sind bessere drogenhaendler, denkt drekopf, bevor ein neuer reiz einschlaegt. damen biegen sich auf saegespaenen, ein mann in der menge hat sich die augen aus dem kopf geschaut. er schreit, wird aber schnell beruhigt. da muss auch drekopf endlich aufatmen. der circus hat ihm schon immer am besten gefallen. schon als kind. das weiss er ganz genau. [pn]

ueber das nichtanfassen

chorgesang. der himmel kann keine trennung beibehalten, will keine ertragen. das auge rutscht beilaeufig an ihm herab. jetzt treten gestopfte trompeten hinzu. der direktor spuert die gaensehaut am ruecken, schliesst die schlichte jacke. auf dem balkon blaest ihm erneut der wind die zigarette aus. gurt schaut auf den hof. die sonne scheint schneeweiss, dass ihm die augen schmerzen, als reflektierte selbst der matte baum. april. seine beine zittern, er weiss nicht warum.schnell muss er sich setzen, senkt sich auf den holzboden. gurt will jetzt keinen stuhl. die schwerkraft soll ihn flaechig niederdruecken.im zimmer liegt der plattenspieler in der letzten rille, wird dann von einer blassen hand zurueckgelegt und ausgeschaltet. die frau sagt : ist dir wieder schwarz vor augen, harald ? gurt schweigt und zieht die luft ein. ein schatten der bruestung schneidet seine haende ab. er haelt die zigarette senkrecht, damit der rauch nicht in seine augen steigt. kurz vor dem aufblicken, stellt er sich erika vor, wie sie im zimmer selbst gerade steht. das gewicht auf beide beine aufgelagert, dann der wechsel des standbeins zum spielbein. die arme schlaff nach unten haengend. ich heisse gurt, sagt er und steht vom boden auf. ihre stimme kommt ihm naeher. das ist unser nachname, harald.

gurt sitzt in der schreibstube und ordnet seine akten. er laesst einen pagen kommen und bittet ihn einige briefe wegzubringen. erika wartet die ganze zeit im tuerrahmen und isst weintrauben von einem teller, spuckt die kerne in die hand zurueck. gurt dreht sich um, weil er bemerkt, dass er sich taeuschen muss. wie koennte sie den teller halten? die trauben sind kernlos, harald. erika sagt es, als waere sie in seinem kopf gewesen. gurt fragt, ob sie sich nicht anziehen wolle. der wagen kaeme gleich.

auf dem asphalt neben dem rapsfeld. heute schauen wir uns die anlagen an. er liest den satz nochmal und faltet die notiz beim einstecken in den mantel. erika hat sich bei ihm eingehakt. sie lacht laut und mit offenem mund. der fahrer folgt ihnen im schritttempo mit dem schwarzen daimler. der wagen blitzt satt im licht und wischt die uebergaenge, seinen eigenen rahmen, aus. gurt schirmt die augen ab. am horizont liegt die fabrikenstadt. dunkle wolken steigen in das kobaltblau. sie gehen einige kilometer am feld entlang. auf der haelfte des weges zieht erika ihre schuhe aus und geht barfuss weiter.

am eingangstor spielt eine kapelle. angstellte in unterschiedlichen raengen ziehen die huete von den koepfen. begruessungen und angedeutete verneigungen folgen. der vorsteher dulde traegt ein sonntagshemd. der kragen ist eingerissen. gurt schaut nur auf die faeden, als sie miteinander sprechen. herr direktor, wir zeigen ihnen heute alles. dulde jubelt innerlich, versucht sich zu beherrschen. er ist sehr gross, muss sich herunterbeugen. alles, herr direktor, ihre ganze schoene anlage! erika laesst sich im fond des wagens spontan die fuesse waschen. die tueren stehen offen, sie raucht und summt einen schlager dabei.an einer langen kette holt gurt eine uhr hervor. achtet genau auf den sekundenzeiger. der stereoskopische blick schwindet ihm seit langer zeit. er muss die augen neu fokussieren. punkt drei. gurt faengt an herumzubruellen. die angstellten eilen los, stellen maschine um maschine nacheinander an.verkettungen von zentrifugen arbeiten in der halle. dulde beginnt zu refererieren. jedes wort soll in seiner beschreibung gleich klingen. gleichlaut und ebenbuertig betont.

gurt hat die geschichte seiner farbrik schon hundertfach gehoert. die daten und fakten haben sich ihm eingebrannt. in der halle ist es heiss. dulde schielt beim sprechen an der uranglasmaschine vorbei nach erika, die immer nickt und fuer jede information ein laecheln ausspuckt.

gurt laesst kaltes wasser bringen und beobachtet die arbeiter an den hochoefen. dulde erklaert erika mit leiser stimme eine sonderfunktion des glasofens, bis ihre augen staunen. harald, harald, ruft sie und winkt dabei. gurt schuettelt den kopf, sie stehen so nah, dass sie sich fast beruehren koennten. zu nah zum winken, sagt er und hoert dann dulde zu. waehrend sie von halle zu halle schreiten wird die fabrik erweitert. dulde zeigt in verschiedene richtungen. gebaeude waelzen sich im selben augenblick am ende seiner fingerspitze empor,befreien sich von baugeruesten, werden von arbeitern bezogen und produzieren unaufhoerlich. ab einer bestimmen groesse muss der komplex genauso energie aufbringen, wie er verbraucht. gurt baut ein negatives perpetuum mobile, eine maschine, die die welt verschlingt. [pn]

rechtsliberale elternfrage

was habt ihr heute gelernt? einen buchstaben aus dem alphabet, wie schoen. kannst du ihn schon malen? ja, dann hol einmal das lexikon aus dem schrank und lerne alle dazugehoerigen worte daraus. ich sage dir noch eins, es ist eher eine vermutung, oder besser gesagt, eine frage an deine lehrerin : meinst du, duze sie hierbei ruhig, dass die anhaltende gewaltlosigkeit unserer eltern, uns kinder automatisch zwingt in dieser zu explodieren? [pn]

courtage

rhododendron. in dieser gegend hat der architekt den menschen vergessen. eingang reiht sich an eingang. alles mueht sich ab.foerster begleitet seine frau. sie stolpern zur wohnungsbesichtigung. der makler preist mit grosser geste die raeume. in seiner erlaeuterung wachsen die sie, werden heller. haben sie kinder ? bevor foerster antworten kann sieht er in den augen des maklers einen kinder-sind-ein-segen-blick. nein ? trotzdem brauchen sie doch ein arbeitszimmer, einen ruhebereich. er besitzt mehr arme als eine indische gottheit. mit leichtigkeit stehen sie in einem anderen raum. was machen sie beruflich ? foerster weiss, dass es gleich gelaechter geben wird. welch koestliche koinzidez. der makler laechelt weiter. sie sind tatsaechlich foerster, herr foerster? der angesprochene nickt. er mag die wohnung nicht. schatz, was meinst du? fragt ihn seine frau. der makler hat sein stichwort erhalten. ich lasse sie beiden mal allein, soetwas muss man in ruhe ueberdenken, sagt er und presst sich gleichzeitig durch die tuer. er macht im nebenraum jetzt besonders laute geraeusche, um ungestoertheit zu simulieren. foerster versucht nachzudenken. ist dies eine entscheidung? er sieht seine frau an. irgendwie ist sie schoen. sie traegt beige. aus der handtasche holt sie zigaretten, bietet ihm eine an. sie rauchen. ich mag den makler nicht, sagt foerster betont laut. helene schaut ihn an, zieht die brauen nach oben. und die wohnung?foerster sucht einen aschenbecher. oeffnet straff ein blatt papier, faltet es, haelt es seiner frau entgegen. ich moechte mich nicht entscheiden, sagt er, weisst du, dass es mir in letzter zeit angst macht? helene dreht den kopf zum fenster. sie sagt, dass es doch einigermassen hell sei. doch einigermassen? foerster will die formulierung nicht verstehen. er drueckt die zigarette aus. lass uns bitte gehen. er nimmt ihren arm. der makler oeffnet ihnen automatisch die tuer. er tut so, als haette er nicht zugehoert, sondern die schatten betrachtet. als sie die treppen hinuntersteigen ruft er etwas. er wuenscht den eheleuten foerster einen schoenen tag. dann richtet er im bad seinen krawattenknoten. er fragt sich, ob es die unterlaufenen augen waren, die die entscheidung beeinflusst haben. er will kurz nachdenken, doch es klopft gegen die angelehnte wohnungstuer. er muss weiterlaecheln.

[pn]

echtzeitwerbung

menschen, die auf der strasse
werbung machen, auf sich
aufmerksam, laut ueber eine
sache sprechen, bezahlt werden
um zu ueberzeugen,
an einem wochenende
fahren wir zu einer gefluegelzucht
und schauen uns die tiere an.
von all den decken haengen
menschen, schauen im schlaf auf
uns herab. ein fernsehsender,
eine zeitungsmeldung spaeter sehen
wir
im schatten das blutbild eines nachbarn,
die spuren,
von milchkuh zu uns gereicht.
doch du hast auch hormone,
liebste.

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totret wird tetrot

wer ihm begegnet, zweifelt nicht, dass es geister gibt. bleich ist er, wird von den schatten gezogen. seine wuensche haelt er nicht zurueck. der name ist in seinen oberarm eingeschnitten. sein vater war so guetig, dass er ihn nicht vergessen kann. er schlug immer mit der offenen hand, die richtungen waehlte er nach belieben, nur der schwung war aehnlich stark. die arme waren nicht behaart, sondern glatt. seiner mutter wollte er nie begegnen, sie verschwand in der flasche und sorgte sich nicht. ihre augen waren klar, ihre haut perlmutt. ihr hatte er es auch zu verdanken, dass seine haesslichkeit nicht zu vollstaendig war. es lag eine morbide schoenheit auf ihm. blasse falten und glatze, rote augen und helle brauen. mit den langen fingern, die er peinlichst pflegte, konnte er jedes messer halten. zum rasieren schloss er gerne die augen und spiegelte sich an der innenseite. seit der pubertaet schwollen seine beine an und fuellten sich abwechselnd mit fluessigkeiten, so dass er an beiden beinen humpeln lernte. die schnelligkeit langte jedoch, dass er beinah jedem davonlief. in seinem gang versteckt die wuerde eines prinzen ohne koenigreich. er trug gerne braune cordhosen und dunkle oberbekleidung, in der papier und tabak steckten. der anzug verblichen und verbeult , von den schwingenden armen, die zu lang fuer den koerper waren. er kaute oft an den innenseiten der backen, deshalb waren diese regelmaessig entzuendet und grau. seine wimpern mochte er mit asche tuschen, so laesterten die leute. tatsaechlich waren sie von aussergewohnlicher eleganz und laenge. keine frau konnte es ihm in dieser hinsicht gleichtun und seine blicken ebbten die situationen ein, zwangen zum wegschauen , nahmen gefangen in diesem verzweifelten gesicht. seine stimme war tief und kratzig, er stiess die luft aus den schweren lungen aus, beissend in den endungen der kurzen worte, die nur durch notwendigkeiten bedingt waren, die das zusammenleben in der stadt bedurfte.

er zwang sich durch die gassen, in dem eindruck an die waende gepresst zu werden. die backsteine klebten an seinem ruecken. er triumphierte mit den grimassen. begegnete ihm eine schoene frau, so strich er seinen gang zurueck und beugte die schultern auseinander, schob das hinkende bein wie einen stock nach vorne und sah sie scharf an. sobald sie verschwunden war sank er in seine schatten zusammen. die schirme wurden vor ihm ausgeklappt und manch einer der herren trug seine dame zur sicherheit auf die andere seite der strasse. an einigen tagen wusch er sich lange das gesicht und schaute in seine eigenen augen, in denen er sich erneut gespiegelt sah. dann nahm er ein stueck kachel und zog ein oberlid herunter. er wollte sich mit einem schmatzenden geraeusch den apfel entfernen, damit er dahinter sehen konnte. meistens geschah dies an einem sonntag, wenn er das geld ausgegeben hatte und der wind um die ecken seines hauses draengte. dann brannten in der wohnung kerzen auf dem boden, er sass in einer ecke des raumes und segelte ueber dieses flammenmeer. sog den billigen wein ueber die schmalen lippen, wartete auf die kopfschmerzen. im winter zog es ihn dann in den morgenstunden auf die strasse, wo er still das gesicht in den schnee legte und es abrieb. rot stand er dann oben vor dem spiegel. liess lange speichelfaeden aus dem mund haengen und schnitt diese mit einer schere ab.

seine lieblingstiere waren fliegen und schnecken. die faszination fuer alles was an den waenden lebte und in kleinen loechern , war schon als kind in im aufgestiegen. dann wurde er vom vater oft von seinen beobachtungen fortgetrieben, mit einem tritt in die seite oder einem schlag mit dem schuerhaken. in der schule liess er sich dann nicht sehen. der vater lachte ueber ihn und spuckte den gebrannten in den reis, den es zu fressen gab. seine stimme war auffallend hell und passte nicht zu dem hageren und trockenen mann. hohn ist der lohn, mein sohn.

dieser satz war an der wand aufgehaengt, die tuecher schwankten und schmutzten von alleine.er mochte sich heute nicht anziehen. mein name ist totret , sagte er sich und schwieg. er brachte den eimer kot auf den hof, wo eine katze aus einer pfuetze trank. er wollte sie mit einer kohle verbrennen, da stieg ein gedanke an seine freundin aus ihm heraus, blieb dann doch in ihm stecken, wie eine scherbe in einem pferdehals. er trank aus der flasche, die an seiner hand klaffte. totret leckte an der wunde, die er in die katze gezogen hatte, er sah lange in das rosa und fror dann. seine freundin hatte einen netten namen, doch er nannte sie flammenkind. er vergab andere namen und toente sie in seiner kammer. dort war sein reich. in dieser katze steckte viel leben, zart nahmen seine haende das tier und gruben ein loch, dass die finger schwarz waren und hart von der erde. totret legte blumen und bunte kiesel in das grab, es machte ihm freude und legte stille in seinen kopf, wenn er sorgfaeltig war. er war es gerne.

beinah der gesamte nachmittag war verstrichen und der abend kam zu besuch. totret sass lange an der kleinen grube und weinte. eine nachbarin ging kopfschuettelnd an ihm vorbei. sie hatte wirre blonde haare und muehte sich mit einem sack mehl. er wusste, dass es unnoetig war ihr zu helfen. sie hatten alle angst vor ihm. fraufrau war schon bei den netten treppenstupfen, die in den bernsteinturm fuehrten. der sack hatte eine braune faerbung, sah unappetitlich aus. willst wohl schmutzkuchen backen? totret stand so schnell auf, dass die luft um ihn absackte. er wischte sich das pfeifen aus dem gesicht und trat naeher, weil er die schweissperlen auf der stirn und lippe der fraufrau sehen wollte. ihr gesicht war toter als seins. mit schmalen alten schultern zog sie das schwere mehl in die wohnung im parterre.

totret haette gerne hineingeschaut, die tuer wurde ihm zugeschlagen. er blieb im flur, wo dass licht schon ausgefallen war. dort stand er und roch das holz und das fett der armen leute. ihm gefielen nur der tag und die nacht. daemmerung und morgenroete langweilten ihn, so schloss er lange die augen, wenn sie eintraten. kontrollierte vorsichtig die fortschritte. totret hatte hunger, spuerte in seinen innereien einen kreuzzug und leere, frauen weinten um ihre maenner. soldaten ruhten auf den huegeln und verachteten die marschaelle, die ihre befehle gegeben hatten. artig blieben sie und hungerten. totret sang bei jeder stufe einige worte aus seinem ausgedachten lied ohne ende. jedesmal wenn er sein dickes bein hochgezogen hatte fielen ameisen ueber das andere her, die muskeln waren hart und unnachgiebig, sehnten sich nach ruhe. vor seiner tuer hielt er inne und oeffnete die holzkontruktion einen spalt, fasste mit der hand hindurch, die er lieber hatte. seine verhasste hand musste immer alle niederen arbeiten uebernehmen, deshalb waren seine arme auch von einer grotesken asymmetrie, die ihm gefiel. er fuehlte die kalte luft an sich vorbeistroemen, sein brustkorb senkte sich, als betaeubte ihn die guete des moments. totret stieg mit schwung hinein und wischte ueber seine stirn. er brauchte die tuer nicht zu schliessen, niemand haette es gewagt in seine zimmer einzutreten. stoisch stellte er die schwarzen stiefel an die tuer, so dass sie einwaerts zeigten, die spitzen gerade, die loecher zu seinem mekka gewand. es war dunkel und stickig in den raeumen. haette ein lichtstrahl platz gefunden, waere der staub in ihm getanzt. tetrot wollte noch ein bisschen schweigen, bevor er lamentieren wollte, stundenlang. zuvor ass er ein wenig brot und schmierte mit der schlechten butter ueber den tisch und seine kante. so konnte er am naechsten morgen mit den fliegen erwachen, liess sie auf sich landen, war dann ganz ruhig und stellte sich so manche frage, wenn er zusah, wie sie ihre beine aneinander rieben, um dann ueber ihn zu steigen und zu kitzeln, dass er lange lachen musste.

in dem pyjama war es heiss, er steckte unter vielen decken eingeklemmt. sie kratzten, doch er wollte sie behalten. an seinen haenden schwere handschuhe, wie sie die maenner oft am hafen trugen, wenn sie eisenteile schweissen wollten. er hatte sie beobachtet, das war schon lange her, doch war er wiedergekommen, bis er handschuhe zusammenfinden konnte. leider zwei linke und kein ganzes paar, es war ihm recht, ein grund fuer seinen stolz. totret fand sich huebsch in seiner muetze, die er zum schlafen trug. in einem alten geschaeft hatte er einst ein schild gesehen aus emaille, auf dem ein junge in einem sprossenbett gefangen war und seine haende zum mond erhob. dort wo der mond die fratze hatte, war wohl ein glaesschen mit einem brei abgebildet. totret zog die winkel nach oben. der junge wollte den wohl gerne fressen und hatte doch sein muetzchen an. es war sehr fein mit einem grossen roten bommel, der wippen wuerde, doch war die zeichnung starr. totret hatte oft gesucht und hoffnung lag in seinem mund, doch nirgends zog er eine solche muetze aus dem schlamm. er kaufte eine andere, kaum schoener, am markt. welch eine freude, dass er nun mehr keine kraempfe hatte, wenn er einschlief. muetzengerechtigkeit, sagte er und schwitze unter der last der decken. zur strafe ueber seinen gedanken legte er sich die stoffe bis an seinen hals, damit er durch ein muenzengrosses loch atmen musste. genau zaehlte er jetzt die schafe, liess sie hoch springen und wartete auf den schlaf.

der wird mich schon nicht fressen. totret stand unter der laterne, dem neonneon und betrachtete die strasse wild. so viele geher und die ziele? ich bin ein weiser. zog den rotz tief ein. an dieser kreuzung fahren alle autos gleich, erbost lief er zur ampel und griff nach der strippe, die eine glocke laeuten liess, damit noch alle herschauten, wenn ein koenig ueber den zebrastreifen ging.

er war erneut so muede, dass er frauen folgen wollte. am liebsten denen, die den kinderwagen schoben, mit einer undurchsichtigen abfolge an schritten, die er anschwellen und verebben liess, machte er ihnen gerne angst. tief in ihm eingeschlossen, die bunten wuensche eines mannes , der vieles nehmen und nichts bekommen kann. die gischt an seinen mundwinkeln und der gang tobten einen angstpfeil in die koepfe dieser muetter. sehr still war er dann, wenn kraeftige maenner um die ecke bogen, machte sich dann klein und zu einem schwaechling, damit er nicht die fremden faeuste fressen musste. anmutig sah er eine dame von der seite an  die wissbegierig das hutgeschaeft betrachtete. er nahm sich eine rede vor, die seine guten seiten zeigen sollte. bei diesem witz musste er dann doch noch prusten, sehr stark. zerwuerfnisse, dachte totret. die hand der frau sammelte mit einem spitzentaschentuch den faden von dem mantel und hielt es ihm hin. er suchte nach einer erklaerung fuer diese stille, fuer seine fehlende boshaftigkeit. stattdessen nahm er vorsichtig das geschenk und laechelte. die dame erwiderte seine entbloessten zaehne mit anzueglichem blick, der vieles ahnen liess. totret stocherte in seinen taschen, fand eine zumutung an gegenstaenden, schmutzige und spitze meist. er federte auf den ballen und liess den stock kreisen.

eingehakt in seinen arm stolzierten sie den boulevard entlang, er konnte und durfte jetzt schon glaenzen. ihr rock war schwarz  ihren namen wagte er aus ihr zu holen, als sie lange nichts durch ihre schoenen lippen gesagt hatte. er mochte sie wegfressen, doch er wusste , dass er dass nicht durfte. nie duerfen wuerde. er sang ihren namen in sein inneres hinein , als er sie sprechen hoerte. lara.

ich treffe lara gleich. sagte totret und oeffnete die augen. er war in seinem zimmer. der schweiss war an den decken auf den boden getropft und hatte eine pfuetze gebildet. totret befreite sich von den decken und den schlafutensilien. war alles nur ein traum gewesen? er wollte schon hysterisch werden, dann schoss es ihm hart durch den kopf. ich sollte mich betrachten, sagte er, wie immer laut und deutlich zu sich selbst und eilte zu dem spiegel in der ecke. in den augen sah er flammen schlagen. dann legte er die wange an das spiegelglas. lara. lara. lara. war dies ausgetraeumt, im schaedel frisch gebacken, heuchelei im eigenen koerper? er stutze. so deutlich sah er sie und die begegnung. doch war er immer noch nicht sicher, kalt war ihm jetzt, er holte sich die decken und legte sie in einer zeremonie, die eine halbe stunde dauerte um den koerper. dann sehe ich doch nichts, schrie er auf und stiess die dicke wolle vom kopf. im zimmer war lara nicht, er sah aus dem fenster.

im hof stand die fraufrau und grub in seiner katzengrube. er stellte sich furios und krachte die treppenstufen herunter. trunken vor hass presste er den atem in das gesicht der schaenderin. wollte sie diese katzenliebe zerstoeren? sie sagte ruhig, dass sie zur vollstaendigen meldung an die behoerden auch beweise braeuchte, um tetrot aus der wohnung zu verscheuchen. zuchthaus, sagte sie und leckte sich die lippen, als sei honig draufgeschmiert. tetrot holte schon zum schlag aus mit der eisenstange, die er im flur gefunden hatte, hielt dann inne , verstohlen sah er sich herum. vielleicht sollten wir es drin besprechen? sagte tetrot und vergrub die spannung tief in sich. damit wir alles klaeren koennen. tetrot laechelte sich die erlaubnis dafuer zurecht. stimmt, sagte die fraufrau und wischte sich mit einem tuch eins ihrer doppelkinne sauber. er musste seinen schritt an ihren pressen , damit sie exakt zur selben zeit die wohnungstuer erreichten. hinter der schaebigen fassade, schlug er die haende mit gewohntem stoss gegen den ruecken und liess die frau schon fliegen ueber die treppen in den kohlenkeller. dann lief er schnell nach oben. ein alibi hatte er schon vorbereitet. er hatte doch geschlafen ohne zeugen, weil er alleine war. als beweis sollte ein traum ihm dienen, den er noch schnell erfinden wollte. selbst in der wohnung hoerte er das wimmern dieses fetten koerpers, dem jetzt die knochen aus dem fleisch ragen mussten. er wischte sich die lippen sauber. nach einigen minuten schlich er die vierzehn stockwerke hinab und hockte sich neben die sterbende, beugte sich sanft, in der hand noch einen warmen kuchen, von dem er fein die bissen nahm. in einem schatten schaelte er sich schnell ein kleines lager zurecht. mit einer decke, die er fraufrau um den kopf noch zog, daempfte er die klammen schluckgeraeusche und das keuchen. dann legte er die nackten fuesse an den hals, damit er fuehlen konnte, wie die waerme sie verliess. vielleicht bin ich ein philosoph, sagte er und staunte erfuerchtig, als er das dachte, in aufregung, dass es wahr sein koennte. das potential zum reden, habe ich ja, freute sich tetrot, der einschlief und mitten in der nacht mit kalten fuessen erwachte, die er muerrisch unter die decke zog. tritte weckten ihn, nicht gegen den schaedel , sondern auf die erde. ueber ihm riefen die kinder der fraufrau nach ihrem fressen, er musste sich die ohren zuhalten und ekelte sich vor dem kalten berg, der vor ihm lag. die sonne hatte eine schoene farbe und belebte seine sinne. lara, dachte er und fluechtete in seine wohnung, wo er muede liegenblieb.

stunden spaeter wurde er von einem klopfen an der tuer geweckt. die polizei schlug heftig gegen holz und angel. mit tiefen stimmen befahlen sie, die tuer zu oeffnen und zur befragung in den hof zu kommen, wo sie tisch und stuhl errichtet hatten. tetrot wischte sich die mueden augen, wusch sich guetig sein gesicht, bevor er kuehn und frei von sorgen die tuer schon oeffnete und die arbeitshand zum recken straff dem polizisten gegenschob. dieser mit schnauzer und hornbrille kuemmerte sich nicht um seine haltung, befahl zum hof und stieg dann rasch die stufen runter, tetrot folgte ihm so brav er sich dies vorstellen konnte. im hof tauchten die anderen bewohner auf, kein nicken, nur die stummen augen ueberall, sie sahen einander voll misstrauen an. der schlagstock zeigte abwechselnd auf einen zeugen und holte ihn an diesen tisch. tetrot, schon klamm und voller vorfreude sah an sich herab, dann war er bleich. die haende und die arme waren rot vor blut und schmierig. wie hatte er dies uebersehen? in einer fremden brille sah er, nachdem er den entstprechenden winkel erraten hatte, dass auch sein gesicht so rot war, dass es mehr als schamesroete zeigen sollte. zum glueck stand er recht nah, an seinem fuss glaenzte eine kleine scherbe, die er in sein alibi erfassen wollte. schnell waren ein zwei schnitte im gesicht und auch an armen. das ritzen machte spass, beinah konnte er sich nicht stoppen, wurde aber aufgerufen und zum tisch geholt. besser in die klapsmuehle, als ins irrenhaus , sagte er laut und aergerte sich gleich darueber. der beamte schien es nicht gehoert zu haben, jedenfalls reagierte er nicht darauf. die fragen waren einfach, sein traum als alibi sehr stich- und hiebfest aufgenommen, dass die beamten auf den boden gucken mussten und traurig waren, ohne taeter abzuziehen. der mit der brille war gerade dabei ein kreuz im formular zu machen, an einem kasten ,wo UNFALL vorgezeichnet war, als dumpf und leise eine frage nach vorne drang, so dass sich tetrot auf die zunge beissen musste, nicht wild zu werden und sich zu drehen. jetzt erneut, lauter und verstaendlicher, dass sie im ganzen hof zu hallen anfing: was meinst du mit irrenhaus, statt zuchthaus, tetrot? tetrot sah sich auf die wunden und liess leise eine traene fallen. der beamte verstand nicht, war schwer von begriff, die kollegen schon gegangen, jetzt stutzte sogar er. sah mit den augenbrauen auf den hof und die versammelten bewohner hinab, vom stuhl herunter, auf dem er still gestanden hatte, um wuerdevoll auszusehen. er schaute so langsam, dass man ein fragezeichen in den augen entstehen sah. tetrot bitte hervortreten, schnalzte er mit der zunge. das blut um tetrot hatte kleine kreise auf den sand gemalt. er schluckte wild, trat dann mit einem schritt nach vorne. [pn]

in der bank: geldwirtschaft

erde und pflanzen spritzen umher. der hall des schusses hat keine absolute stille als folge, die den naechsten schuss filmisch trocken klingen laesst. kakophonie in die ohren gestossen, kopfschmerzhaelfte, angestellte werfen sich zu boden. die ventilatoren zirkulieren. nun ploetzlich stille, kein schluchzen, kein stoehnen, keine befehlsschreie. alle verstehen die ueberfallskonvention, aus filmen gelernt legen sich die haende automatisch hinter die koepfe. erstaunen liegt auf den gesichtern, nicht angst. zu gaesten sind sie geworden, tritte, die gastgeber laufen geometrisch, nur eine partei fuehrt hier regie. ich bin jetzt in gefahr, denkt eine frau und fuehlt sich als sei sie von einem reporterteam in der fussgaengerzone herausgegriffen worden. das weiterleben sichert die medienstellung. der bankdirektor liegt mit fieber im bett. seine leidenschaft sind fischkonserven und das anlecken von briefmarken. die bankraeuber tragen silbermasken, sie sind alle squashspieler. die haende arbeiten aufgeregt und gezuegelt, kassen klingeln sich hinauf. stiller alarm, telefone vibrieren in jacken und handtaschen. die angestellten werden kreidebleich. verhandlungen, wird es welche geben? der attentaeter mit dem sturmgewehr zielt nur mit dem zeigefinger auf die tueren. die maske ist recht angenehm und kuehl zu tragen, skimasken haben in der probe gekratzt und abgelenkt. soweit muss man schon denken koennen. niemand wird sich die kriminellen beim aufstehen und kaffeetrinken vorstellen. das menschliche verschwindet hinter der dominanten szenerie. die raucher werden nervoes. gelaechter vor monaten, als die schnapsidee in einem ihrer hirne geboren wurde. solange man die konsequenzen ertragen kann, soll man den taten glauben schenken und sie vollfuehren. sonst gaebe es doch keine kunst. die paraphrase liegt im kopf des mannes, der die taschen mit geld befuellt. er ist kuechenphilosoph. die kriminellen hinterlassen ihre spuren, ihre eingestanzten kugeln in den waenden sind fuer die zweitverwertung gedacht, fuer die trophaeensammler und aus mitleid mit den medien. die lautstaerke zieht wieder an, durcheinander folgt. die ganze handlung flockt auf, wie schlechte milch, wird stotternd vorgetragen. geld faellt zu boden, wird wieder aufgehoben. keine quietschenden reifen, sie fliehen zu fuss durch den hinterausgang. [pn]