Texte mit Schlagwort‘gewalt’



totales environment

diese luege beginnt auch an einer kreuzung. wo sonst ? am schnittpunkt zweier geraden. unterschiede nur im ausgleich der geschwindigkeiten. die wartenden haben oft radkappen unter sich, andere brauchen nur die vertikale streckung, um signale zu empfangen und zu versenden. wo der koerper nicht mehr ist als zerebraler schwindelanfall stossen sich bewusste begierden aneinander ab, dann folgt die gruenphase. verfangene passanten. klebrige orte finden sich immer an meschenansammlungen. abfall in genussrueckstaenden ist neben imaginationsleerstellen der flanierenden geister in den raum gelegt. austausch und wunschefuellung durch begegnung. ein arsch, ein mueder arm, steigender blick. cinema direct. musique concrete. worthuelse wird zum stolperstein. kurzes kulturelles spiel gefolgt von befangenheit – denkt alles der banale mann.

ein ebenso banaler name kleidet ihn, den blondinenliebhaber. er stolpert den frauen hinterher. elektrischer eklektiker, mit tschibo – digitalkamera. abstand halten ist sehr wichtig.

die angstbereiter-polizisten nennen ihn spanner-hans, halten die trillerpfeife im maul, waehrend sie im dienstwagen um die haeuserecken gleiten. danach spielen sie karten.

hans ist ein redundantes wesen, er gefaellt sich in der vorstellung ein evolutionaerer baustein zu sein. eine treppenstufe, die naechste genrationen endgueltig zu formalmenschen machen kann. frontalmenschen, verbessert sich hans. er hasst es fehler zu machen.

die eigenschaften der welt konsumiert er still, nur manchmal droht ein seufzen ueber seine zaehne zu rutschen, wenn ihn eine lieblingssorte wurst enstellt. gesichtslappen statt backen, eine hakennase darin versenkt. hans haelt sich fuer einen schoenen mann. immer wenn neben ihm der buergersteig gefegt wird tritt er naeher heran, um seinem augenblick beizuwohnen und ihn auszukosten. in den schritten der fremden hoert er rufe und bitten nach seiner anwesenheit.

stoffhose, dunkle stoffschuhe. heimlich ohne sohlen. flecken am hemdknopf unterhalb des adamsapfels. auf dem schaedel sind haarflaechen aufgespannt. die ohren ragen inkonsequent aus dem haarkranz. der kopf sitzt auf einem doppelt gebrochenen giraffenhals. holzast staendig in der hand.

hans sieht sich ploetzlich in eine apotheke laufen. rueckwaerts durch die lichtschranke. die warnglocke des kunden. eine alarmanlage, die gefaehrdung durch handelssituationen ankuendigt. hans hoert nichts. er ist omnipotenter betrachter seiner selbst. auf zweiter und dritter ebene liegt er zappelnd auf der personalplattform und betrachtet sich.oft kann er es sich nicht verkneifen auf den eigenen kopf zu spucken.

hans erwacht wieder. koerpersaft steht im regal. hans lacht. hustensaft ! er hustet beim lachen, bis apotheker (ohne artikel) vorwurfsvoll durch den ganzen laden schaut. hier kauft der gute deutsche also gesundheit ein?

deutschland? fuer einen augenblick ist es nicht klar woher die frage kommt. eine gelenkige frau aus der mitte (a) der gesellschaft (b) des raumes schlichtet den streit, indem sie mit doppelten fingern auf erschrockenen apotheker zeigt, der in seine geheimnisvolle hinterraeume verschwindet.

spanner-hans springt in einem satz hinterher und apotheker an die gurgel. er vermutet etwas schlimmes. beim festdruecken schaut er sich um: hier werden keine salben gemischt oder pulver zerstossen. hier hat der apotheker – die stimmung droht fast ernst zu werden – eine junge frau an die heizung gebunden. der rock fehlt ihr, eine schere hat die locken abgeschnitten, loetkolben und zange liegen strahlend sauber auf dem beistelltisch im stil der fuenfziger. kokosduft eines toillettensprays. streng. die frau hat sich eingenaesst.

hans schliesst leise die tuer hinter sich, die haende krampfen, obwohl doch jetzt der widerstand des eingedrueckten kopfes der apothekerkehle fehlt. die fremde dame im verkaufsfoyer reibt badesalz auf ihre haut. es geht schliesslich um vertraeglichkeit. immer.

sie schaut auf : das steht ihnen aber gut! sagt sie und zeigt auf apothekermantel-hans.

mit neuem image verschwindet dieser jedoch bereits im strassenbild. nur sein abbild in der linse der ueberwachungskamera brennt sich in den alten bildschirm ein und zieht schlieren. auf dem brustkorb des ex-apothekers liegt ein zettel: danke hans!

p.s. die frau ist fuer einige jahre gerettet. versprochen.

[pn]

ich kann nicht glauben, dass es amerika gibt

scheue augen, kaputt geschaut, wie schreit man richtig, wenn man die beine bei einem unfall verliert? die frequenz scheinbar willkuerlich, doch selbst hier der mensch ein kuenstlicher, komponist einer arie, die einzigartig ist. [pn]

himbeergeraeusch

ihre fingerkuppen schaut er an, folgt mit dem auge dem kanal in ihrer haut, dreht sich in der spirale. zum memorieren bleibt ihm keine zeit. er wirft ihr einen luftkuss zu, der sich im gestruepp vor dem haus verfaengt, so wie die maenner hier im stacheldraht. erde spritzt fontaenengleich, sein herzschlag folgt dem bombenschlag, die dicken tropfen fallen vom himmel. enfernt. ihr ist als sei ein schatten durch den raum gelaufen, sie kann nicht an ihn denken, dann laueft er los, damit es vorbei ist.die haende stecken in der erde fest, er zieht sich hoch, spuert rasen an der wange und dreck unter den naegeln. bienenschwaerme irren umher, beissen und toeten willkuerlich.

auf dem feld ist es leiser, als im graben , passagiermaschinen sind im himmel, manch‘ insasse auf den plastiksitzen eingebrannt. die sonne scheint laechelnd herunter, ihr ist es gleich, dass insekt um insekt aus loechern kriecht um sich zu waermen. sie hat sich schulden machen lassen, blendet die schuetzen, nimmt positionen ein, in einem fuer sie unverstaendlichen konflikt. beim laufen zeigt das bajonett nach vorne. der mann ist jetzt beherrscht, hat sich in einem flur versteckt. in bunter kleidung sitzt er , eingepackt, mit werbung auf helm und gewehr. die scheiben der knie schon lockergelaufen, mit anderen soldaten warten sie , dass drohnen kommen, die sie sehend machen. er kann sich an seinen namen nicht erinnern, ein jeder juri hat doch seine natascha, der nebenmann stoesst ihm die zigarette ans auge, weil er beim sprechen nah herankommt, seine eigene zunge im mund behalten muss. blutig seine art und eingerissen sein gesicht, alle muessen kuenstlich ueber seine witze lachen und haben angst, dass er erfaehrt, dass keine sanitaeter kommen vor dem morgengrauen. wieder paukenschlaege und pfeiftoene in den ohren, sie blicken um sich und wissen nicht , was sich bewegt hat, welcher koerperteil jetzt zucken will vor angst. ein alter hat sich benaesst, die anderen schauen weg, schweigen nicht lange darueber. der hauptmann tritt hinzu, kommt durch ein unsichtbares loch gekrochen, hat umgebungskarten mitgebracht. haelt sie, als sei dies schon ein triumph. der erste schritt ist immer der schwerste. sein kommentar ist trocken, er hat sich eine miene einstudiert am morgen. an einem spiegelstueck stand er vor der wagen. der motor lief. die nutte zog sich das hoeschen hoch. hier im distelkeller ist nichts rosa, die einschlaege pressen uns zusammen, staub zieht durch die entglasten fenster, wie ein boeser geist. ein neuling hat glueck gehabt. ist schreiend aufgestanden, als erinnere er sich an seine schulzeit, tief in seiner schulter steckt jetzt eine scherbe. sie kennen alle den grund fuer seinen euphorie. es fliegen gegenstaende, die keine absicht dazu hatten. die maenner werden mit einem befehl durch die ritze in der wand gepresst, ladehemmungen, kugelblitze und schussgefecht drinnen. von der decke verteilen offene kabelenden stromschlaege. ein mann wird in einer tuer eingeklemmt. da kein platz an den seiten ist wird parteiuebergreifend hindurchgeschossen. ein spaziergaenger am waldrand wuerde in dem haus kinder vermuten, die feuerwerk platzen lassen. eine eule sitzt auf einer astgabel und ruht sich aus. sie hat eine maus gegessen, das laesst sie zehren und muede werden. [pn]

der zermalmte hund

kopschmerzen,
an der spitze ist die leere suess, bricht diese ab fliesst eiter. lassen sie sich nicht aufhalten. jederzeit ist eine kontrolle moeglich, wird ausgefuehrt. die stille, die hinter den brillenglaesern sitzt ist eingetrocknet. wundmale lassen sich nur schwer finden. einen arzt erkennt man am stethoskop oder kittel, nicht am gesicht.

abends im laternenlicht gehen wir spazieren, unterdruecken dabei freiwillig eine welt. nur die baumkronen empfinden das gelbstichige kunstlicht als nahrstoffarm. E120 ist die klassifikationsnummer des farbstoffs in deinem campari, eingestanzte laeuse, vielleicht trinken wir deshalb so gerne den chininsaft. angebliche horrorgeschichten der lebensmittelindurstrie, die unterhaltsam von ihren wahren schrecken abhalten. ploetzlich ist es tag, mir kommt es vor, als sei der sproede schlaf umsonst gewesen. er deckt die traeume des gestrigen tages zu. heute folgten anrufe der verzweiflung, versuche der konzentration am telefon, umstossende bemerkungen. glatte sommerbeine, eingelaufene kleidung, verwaschene gesichter. gespraeche unter uns, die verdoppelt wirkten. zum ersten mal fuehle ich den boden in dieser stadt, die langsam in mich einkriecht. im hellen schwitzt sie, schiebt passanten umher, nachts schliesst sie in klimatisierten fahrten oberirdisch koerper ein. du siehst jetzt anders aus vor dem bauzaun und den abgestellten fahrraedern. an der station haengen die menschen und trauen sich jetzt alles im halbdunkeln, was ihnen im sonnenlicht zu grausam oder peinlich erscheint. aber da irre ich mich erneut, du ermunterst mich zum hoffnungsvollen glauben, selbst wenn du an den falschen stellen lachst, wenn ich erst ernst geworden bin oder muede. naiv, sage ich und weiss nicht mehr, welchen teil ich in mir meine. stop rufen, doch dann ist das wochenende vorbei, das gute gefuehl verschwindet mit. dieses jahr schwingt sich eine abschnittslosigkeit hinauf. schnitte koennen nur anhand des grob gewordenen kalenders entstehen, dabei benutze ich schon die fernsehzeitung dazu. so finden wir eine gemeinsame sprache. gluck gluck, macht es wenn du trinkst. ich hasse diese lautmalerei in der beschreibung, aber es soll mir beim erinnern auch kalt am ruecken werden. zurueck, im park beobachten wir die frau im mantel, „in den spaeteren jahren ziehen manche frauen die wangen nach innen, fuerchten sich aber vor ausgewoelbten schenkeln.“ an einer ausgesprochen langen leine fuehrt die spezielle person einen hund herum. doch dort, wo er ohren hat, klemmen nadeln. er schuettelt sich, will kuehl sein in dieser sommerhitze. der hund hat einen bruder verloren unter den reifen eines lastwagens.

[ wahrscheinlich stammt diese bezeichnung aus dem dritten reich. die dazugehoerige ladung entschied ueber sieg oder niederlage, waren es knoepfe fuer uniformen oder granathuelsen, die gleichsam in den boden und zu boden fielen, an ihren seiten handabruecke, fingerabdruecke und schweiss. geschichten einer achtzehn stunden schicht unter zwang und mit schlechter nahrung. weniger fleisch, als der uebriggebliebene hund heute bekommt ]

„erstaunlich, dass selbst die groessten menschlichen anstrengungen und katastrophen letztendlich von mikroskopischen bewegungen einzelner abhaengen,“ stellen wir fest und ich beruehre erst deine und dann meine haut, um einen unterschied festzustellen. [pn]

rotor

liebste […] die schutzbeduerftigen schreiten voran. die jungen, die nichts geworden sind, werden nichts mehr. sie koennen kaum die beine heben, bleiben in der erde stecken. nadelregen faellt. die offiziere lassen sich von huren zusammenklappen. vom feldherrenhuegel erscheinen die maenner wie punkte, sie zerfallen, sfumato. letzte woche waren wir zu hause, bei den frauen aus angst. zum glueck hat keiner kinder. im generalskarton: porzellantassen werden fuer die tiere geliefert. dieses weiss schreit uns an, schlaegt uns die zaehne aus der fresse. unsere vorgesetzten zoegern beim sprechen, haben einen sekundenatem, wenn sie uns verschleudern. jemand hat ein akkordeon mitgebracht, doch wir hoeren lieber das radio. dort werden uns tausend kuesse versprochen. die zahlengitter auf den landkarten erobern wir. planquadrat um planquadrat. allein die farbe rot erregt. die huren tragen rouge und lippenstift, den will ich verschmiert sehen am kinn der kameraden, die in die granaten laufen. aufgehaengte leiber um stacheldraht und panzerketten gelegt. so viel pulverdampf, dass man nicht atmen kann. frontpriester segnen unsere gewehre, pruefungen, die bestanden werden sollen. wir kennen den feind nicht. ich schlafe schlecht, weil immer neue zuege kommen, aus denen schlotternd maenner aussteigen. bleich bei der ankunft, bleich beim wegfahren. ich sage dir, die sind nicht mehr als draehte oder zwiebelschalen. kuesse dich aus erbarmungsloser entfernung, […]

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butaneule

die wohnung ist rechtwinklig geschnitten, wie das brot, welches grossmutter auf dem holzbrett schneidet. sie streicht die butter dick auf die scheibe, auch wenn calvin schreit, er koenne nicht so fett werden. sie zieht den ihr unbekannten namen beim rufen in die laenge. caalviiiin, drei brote sind fertig! sie leckt ihren finger ab, legt den aufschnitt in den kuehlschrank zurueck. das radio spielt einen schlager. es ist laut aufgedreht.

calvin hoert die grossmutter rufen, schaut mit erwachsenem blick in sein zimmer. jedenfalls stellt er sich so einen aelteren blick vor. er weiss nicht, dass menschen ihre innere integritaet vergessen, die tatsache, dass sie in jedem lebensalter nicht nur sich, sondern auch ihre probleme ernst nehmen. wieso schauen sie dann laechelnd auf die kinder und streichen ihnen sacht ueber den kopf, wenn sie sagen, dass es keine monster gibt, wenn sie das licht loeschen.obwohl sie genau wissen, dass sie luegen. calvin ist elf jahre alt, er mag die wurst nicht, die seine oma auf die brote legt. er glaubt, dass sie immernoch entzuendete augen hat. calvin ist zu besuch. er schaut wieder in sein zimmer. grossvaters kleidung haengt neben seiner jacke in dem weissen schrank. zeitschriften liegen auf dem bett. er geht zum spiegel, sein bild fasst an die roten haare, an die eigenen.

die frau in der kueche trinkt einen brennesseltee. ihr ist unwohl. sie hat das beduerfnis zu rauchen, obwohl sie es vor zwanzig jahren aufgegeben hat. ihr mann ist an lungenkrebs gestorben, an einem donnerstag. sie kann sich ihre nervoesitaet nicht erklaeren. hinter dem fenster geschieht nicht viel.

calvin dreht den schluessel im badezimmer um und spuckt in das waschbecken. von der ablage nimmt er eine deoflasche herunter. sie ist kuehl. er zieht die socken aus, bevor er in die duschkabine steigt. calvin leert das deodorant im hocken aus. das zischen riecht suess und schwer, stumpfer nebel steht in der kabine, dringt in den jungen ein. calvin atmet tief und ruhig, inhaliert, spuert das abgleiten. es aehnelt dem zucken beim einschlafen. ploetzlich spuert er bitterkeit. in zehn tagen stirbt sein hirn im staedtischen krankenhaus, zwoelf strassen weiter.

[pn]

19alptraum36

vor jedem krieg gibt es zerstreuung ,
fruehlingsschau der nazis,
rueckschlagsport,
der himmel ist getrennt,
sie reden unten.
oben faehrt ein flugzeug
an der richtschnur entlang.

[pn]

innen, voir dire

amalgamlachen. der eine macht photos, der andere hat einen stein in der hand. beide kennen die auswirkungen ihrer arbeit nicht. der steinewerfer sieht das resultat jedoch noch vor labor und wartezeit. [pn]

in der bank: geldwirtschaft

erde und pflanzen spritzen umher. der hall des schusses hat keine absolute stille als folge, die den naechsten schuss filmisch trocken klingen laesst. kakophonie in die ohren gestossen, kopfschmerzhaelfte, angestellte werfen sich zu boden. die ventilatoren zirkulieren. nun ploetzlich stille, kein schluchzen, kein stoehnen, keine befehlsschreie. alle verstehen die ueberfallskonvention, aus filmen gelernt legen sich die haende automatisch hinter die koepfe. erstaunen liegt auf den gesichtern, nicht angst. zu gaesten sind sie geworden, tritte, die gastgeber laufen geometrisch, nur eine partei fuehrt hier regie. ich bin jetzt in gefahr, denkt eine frau und fuehlt sich als sei sie von einem reporterteam in der fussgaengerzone herausgegriffen worden. das weiterleben sichert die medienstellung. der bankdirektor liegt mit fieber im bett. seine leidenschaft sind fischkonserven und das anlecken von briefmarken. die bankraeuber tragen silbermasken, sie sind alle squashspieler. die haende arbeiten aufgeregt und gezuegelt, kassen klingeln sich hinauf. stiller alarm, telefone vibrieren in jacken und handtaschen. die angestellten werden kreidebleich. verhandlungen, wird es welche geben? der attentaeter mit dem sturmgewehr zielt nur mit dem zeigefinger auf die tueren. die maske ist recht angenehm und kuehl zu tragen, skimasken haben in der probe gekratzt und abgelenkt. soweit muss man schon denken koennen. niemand wird sich die kriminellen beim aufstehen und kaffeetrinken vorstellen. das menschliche verschwindet hinter der dominanten szenerie. die raucher werden nervoes. gelaechter vor monaten, als die schnapsidee in einem ihrer hirne geboren wurde. solange man die konsequenzen ertragen kann, soll man den taten glauben schenken und sie vollfuehren. sonst gaebe es doch keine kunst. die paraphrase liegt im kopf des mannes, der die taschen mit geld befuellt. er ist kuechenphilosoph. die kriminellen hinterlassen ihre spuren, ihre eingestanzten kugeln in den waenden sind fuer die zweitverwertung gedacht, fuer die trophaeensammler und aus mitleid mit den medien. die lautstaerke zieht wieder an, durcheinander folgt. die ganze handlung flockt auf, wie schlechte milch, wird stotternd vorgetragen. geld faellt zu boden, wird wieder aufgehoben. keine quietschenden reifen, sie fliehen zu fuss durch den hinterausgang. [pn]

der schreck

es gibt keine monster, sagt der vater und ist sich dessen selbst nicht sicher. er gewoehnt sich die manierismen im gesicht ab, er moechte ein jugendstilgesicht. mit der linken hand schaltet er das licht aus. das kind schaut ihn an, schliesst dann schnell die augen , weil der vater nur noch stimme und schatten ist. die tuer wird mit anstrengung geschlossen, sie ist zu gross fuer die zarge. am wochenende hat der mann mit werkzeug zeit sie zurechtzuschneiden. schlafe gut, sagt er in den bunten raum hinein und wundert sich ueber dieses angehaengte e an dem wort. es klingt so final. so sollte es nicht klingen. schlaf gut, wiederholt er. der vater schuettelt sich im flur, hoert sich selbst atmen. die bilder sind noch nicht aufgehaengt, braune umzugskisten, die jetzt grau sind in der dunkelheit. die buecherregale passen hier nicht mehr hinein. er laesst sich nicht die stimmung verderben. wieso magst du kein licht? fragt ihn das kind. er weiss es nicht. es wird wohl besser sein. jetzt ist die nacht doch da. er lacht, verschluckt die laute, muss sie im hals zusammendruecken, damit er keinen laerm macht.es soll doch schlafen koennen. das lachen kitzelt wieder im hals. aus der kueche holt er ein wasserglas, beim zurueckgehen tritt er nicht von der teppichkante herunter. er will sich nicht verbrennen, das waere ein schwerer fehler. der vater, er ist ein bisschen dunkel angezogen, legt das duennwandige glas an die kinderzimmertuer, presst vorsichtig ein ohr daran. er hoert nichts. mit einem finger kratzt er leise an das holz , erst vorsichtig, damit es aufwacht und zeit hat den schlaf abzustreifen, dann mit dem fingernagel unter den weissen lack. es soll beinah echt sein. er hoert das rascheln der gestaerkten decke, wie spitze ellenbogen den verschreckten oberkoerper stuetzen. der vater schlaegt jetzt dumpf und leise gegen die trennwand. von unten. rollt ein tiefes geraeusch aus sich heraus, scharrt mit den fuessen. ein stethoskop waere besser. er trommelt mit den fingerspitzen einen takt zurecht, bis er ein kleines weinen hoert. er sieht wie die decke ueber einen kopf gezogen wird, fuehlt das zittern bis in den korridor hinein. mit grossen weichen schritten geht er auf der kante in das bad. dreht dort die sanduhr um, die ihm die dauer des zaehneputzens zeigt. die buerste traegt gebissabdruecke, weil er sie oft lange im mund behaelt. als er im eigenen bett ist, wird er im schlaf in seinem traum eingesperrt. er steht in einem feld von winterweizen. blosse aehren, die in den himmel zeigen, in dem nichts ist. es ist kein ton zu hoeren. er hat hier keine schuhe an. das gehen ueber diesen grund ist ihm nicht angenehm. er wuerde gerne sitzen, doch ist hier nie ein stuhl zu finden. es gibt hier nichts zu tun, wie jede nacht. er wartet ab, bis es vorbei ist, bis er erwachen darf. am naechsten morgen laeuft dann die routine ab. doch diesmal ist es anders, der schwarze mann hat diese nacht sein kind gefressen. [pn]

marlene dietrich an der front

nahe der stadt nancy, der jeep saegt sich den huegel hinauf. dietrich haelt den kopf nach unten, das gesicht gegen die knie, die zaehne aufeinander. bei jedem erdloch hat sie angst blaue flecke auf das porzellan zu bekommen.die wollen nur zehn minuten ablenkung, sagte der von der armee, wenn die dietrich bei den jungs ist, kann es nicht so schlimm bestellt sein. grelle faustschlaege um das fahrzeug, es faehrt scheinbar im kreis. die tuer wird geoeffnet, selbst aus dieser schutzhaltung entsteigt die grosse frau, wie aus einer maerchenkutsche. schlanke stiefel aus kalbsleder treten auf dunkelgruenes moos. in der baracke ist es dunkel, zwei GIs halten wunderkerzen und eine flasche in der hand. der vorgesetzte zoegert, er weiss nicht, wie er sie begruessen soll. marlene trinkt zwei glaeser calvados auf leeren magen, uebergibt sich auf der toilette. das erste lied singt sie leise, ein akkordeonspieler begleitet sie. die maenner schauen durch sie hindurch, unrasiert. beim zweiten lied breitet sie ihre stimme aus, ein nachtvogel hat sich im tarnnetz zwischen den baeumen verfangen, bricht mit seinem geschrei hinein. sein fluegelschlag ist aufgebracht und trocken. schichtwechsel, die eintretenden sehen als erstes die zusammengebundenen haare der frau. eine frau. die dietrich beherrscht sich grosse bewegungen zu machen, sie kann nur einen teil der hoffnungen wecken. wer von ihnen ist selbst musiker oder poet? wer ist es nicht, der hier auch sterben wird. in diesem augenblick geht das licht ganz aus. jemand stoesst ihr einen finger in den ruecken. sie zuckt zusammen, wird hinausgezogen. am horizont sieht sie bunte kurze blitze und wundert sich ueber die ruhe. der offizier, der ihren arm haelt, sagt , dass diese uhrzeit nachtruhe heisst, selbst die haubitzen schlafen dann fuer eine stunde. sie gehen zum naechsten unterstand, im orangen himmel steht ein aufgetuermter cumulus.

die dietrich singt das naechste lied, die flasche calvados haelt der offizier hinter dem ruecken bereit. wenn ich gefangen werde, sagte marlene dietrich vor dem abflug, dann glauben sie nicht, was ich im radio sage. die zwingen mich dazu. davor und nicht vor dem tod, habe ich angst. der general oder sonstwer gibt ihr eine kleine pistole, nur symbolisch. die soldaten zwaengen sich zusammen, die dietrich steht in einem kreis voll sehnsucht nach ruhe. jeder moerder wird im krieg gesund. ein mann macht sich die zigarette heiss, gestern hats dem freund die lippen ausgerissen. solche kuesse hat die saengerin noch nicht gesehen. sie strengt sich an nicht wie ein eindringling zu wirken, sie bleibt drei tage, das sollen die soldaten nicht sehen, die staendig stahl umarmen. sich haende verbrennen am heissgeschossenen gewehr. sie wollen alles klar und deutlich sehen, jetzt die frau mit langen haaren, morgen den feind im birkenwald. infantrie, heutzutage ohne trommler und stolze pferde. draussen wird gehupt, das rote kreuz ist da, die toten aufzusammeln. leuchtraketen von beiden seiten markieren die waffenruhe fuer eine stunde. die dietrich raucht eine zigarette, spuckt die tabakkruemel auf den boden. sie sah hundert zuendhoelzer, die ihr hingehalten wurden. sie gab sich selbst feuer, um niemanden zu kraenken. tragen und helfer laufen fuer sie durcheinander. als sie sieht, dass zwei maenner am huegelrand mit fernstechern stehen und in feindesrichtung schauen, hat sie eine idee. die folgenden dreissig minuten legt sich ihre stimme ueber das feld und dringt bis zu den deutschen. es hallen mehrere schuesse der bestaetigung, als sie lili marlen singt. auch hier auf der anderen seite sammeln die soldaten ihre koerper wieder auf und denken an einen anderen ort. [pn]

funkraum

der offizier hat schlamm an einem hosenbein. schauen sie auf das radar, sagt er und verschwindet im dunkeln. es ist so still jetzt, dass mir die ohren pfeifen. radio verboten, sagt das schild. ich druecke einige knoepfe, leiste meinen beitrag. wir sind beinah abstrakte maler. psychologen ! verbessert mich der haeftling hinter der holzwand. auf dem bett denkt er an seine freundin oder einen hund. oder an die erde,die weint, weil sie von pluegen zerissen wird. ich suche im kopf nach farben und greife nach einigen papieren, die auf dem gruenen block warten. dort ist der bildschirm eingelassen. sprechen verboten, was ? hoere ich die stimme hinter der wand sagen, so zart, fast rosa. ich nicke und druecke die knoepfe. bin dankbar nicht in fahrzeugen zu hocken und dort die knoepfe zu druecken, vor allem die roten. auf meinem pult sind alle knoepfe weiss. dann schaue ich hoch und habe nasenbluten. [pn]