Alle texte in ‘junkieausrede’



stichstrecke

ubahn. rush hour. zwei arbeitskollegen(?) unterhalten sich :

sie : mein vater hat krebs.
er :meiner auch,darmkrebs.sie wussten nicht,ob der tumor boesartig ist.
sie : dann hat er doch so einen plastikdarm ?
er : ja.
sie : mein vater hat brustkrebs – als mann.

er steht, um auszusteigen.

sie : dann arbeite nicht so viel. schoenes wochende.
er : tschuess.

hier bleibt mir der apfel, den ich esse, im hals stecken.

[pn]

schneller wohnen

sie zieht die tuer hinter sich zu. immunkompetenzen. riecht sie die krankheiten, die in mir anwachsen ? rhetorische fragen machen sinnvolles grau. paraprosdokian – keine sorge. niemand muss nachschlagen im lexikon. lies den vorletzten satz.

[pn]

veranstaltung

eine lange menschenschlange im winter. wir imitieren russische vektoren, ohne lebensmittelmarken nur mit geld bewaffnet. da nutzt keine routine des armbandschauens, kein handzucken zu eingebildeter musik. als antwort nur das reine stehen. brave kalbsaugen, die sich gesellen wollen und muessen, da wir sonst in uns zurueckgeworfen werden.

trek hoert sich das gedicht an. lastwagengischt schluckt worte. er will den jungen mann besaenftigen, der handschuhlos das papier haelt. ihm aufbauendes sagen, bis ihm ploetzlich nichts mehr einfaellt und er nur noch an die eingeschaltete webcam in seiner wohnung denkt. trek stoert sich nicht daran. der junge stoert und schaut an den schultern der wartenden entlang die strassen ab. trek nimmt die eigene grosse hand und klemmt in ihr das fremde kinn ein : so siehst du doch nix, du depp, schau immer in die augen. was glaubst du wie ich journalist wurde. der augenblick. mir tun die augen weh und so weiter, kapierste?

die zeugen der szene wenden sich langsam ab, ohne die moeglichkeit einer rueckkehr zu vergeuden. den nahen frauen wird es peinlich. drinnen gibt es muckefuck und leise musik, sagt trek und klopft dem dichter auf die schultern. erst links, dann rechts. du wirst alles bald vergessen haben, so wie ich alles vergesse, verstehste ?

[pn]

totales environment

diese luege beginnt auch an einer kreuzung. wo sonst ? am schnittpunkt zweier geraden. unterschiede nur im ausgleich der geschwindigkeiten. die wartenden haben oft radkappen unter sich, andere brauchen nur die vertikale streckung, um signale zu empfangen und zu versenden. wo der koerper nicht mehr ist als zerebraler schwindelanfall stossen sich bewusste begierden aneinander ab, dann folgt die gruenphase. verfangene passanten. klebrige orte finden sich immer an meschenansammlungen. abfall in genussrueckstaenden ist neben imaginationsleerstellen der flanierenden geister in den raum gelegt. austausch und wunschefuellung durch begegnung. ein arsch, ein mueder arm, steigender blick. cinema direct. musique concrete. worthuelse wird zum stolperstein. kurzes kulturelles spiel gefolgt von befangenheit – denkt alles der banale mann.

ein ebenso banaler name kleidet ihn, den blondinenliebhaber. er stolpert den frauen hinterher. elektrischer eklektiker, mit tschibo – digitalkamera. abstand halten ist sehr wichtig.

die angstbereiter-polizisten nennen ihn spanner-hans, halten die trillerpfeife im maul, waehrend sie im dienstwagen um die haeuserecken gleiten. danach spielen sie karten.

hans ist ein redundantes wesen, er gefaellt sich in der vorstellung ein evolutionaerer baustein zu sein. eine treppenstufe, die naechste genrationen endgueltig zu formalmenschen machen kann. frontalmenschen, verbessert sich hans. er hasst es fehler zu machen.

die eigenschaften der welt konsumiert er still, nur manchmal droht ein seufzen ueber seine zaehne zu rutschen, wenn ihn eine lieblingssorte wurst enstellt. gesichtslappen statt backen, eine hakennase darin versenkt. hans haelt sich fuer einen schoenen mann. immer wenn neben ihm der buergersteig gefegt wird tritt er naeher heran, um seinem augenblick beizuwohnen und ihn auszukosten. in den schritten der fremden hoert er rufe und bitten nach seiner anwesenheit.

stoffhose, dunkle stoffschuhe. heimlich ohne sohlen. flecken am hemdknopf unterhalb des adamsapfels. auf dem schaedel sind haarflaechen aufgespannt. die ohren ragen inkonsequent aus dem haarkranz. der kopf sitzt auf einem doppelt gebrochenen giraffenhals. holzast staendig in der hand.

hans sieht sich ploetzlich in eine apotheke laufen. rueckwaerts durch die lichtschranke. die warnglocke des kunden. eine alarmanlage, die gefaehrdung durch handelssituationen ankuendigt. hans hoert nichts. er ist omnipotenter betrachter seiner selbst. auf zweiter und dritter ebene liegt er zappelnd auf der personalplattform und betrachtet sich.oft kann er es sich nicht verkneifen auf den eigenen kopf zu spucken.

hans erwacht wieder. koerpersaft steht im regal. hans lacht. hustensaft ! er hustet beim lachen, bis apotheker (ohne artikel) vorwurfsvoll durch den ganzen laden schaut. hier kauft der gute deutsche also gesundheit ein?

deutschland? fuer einen augenblick ist es nicht klar woher die frage kommt. eine gelenkige frau aus der mitte (a) der gesellschaft (b) des raumes schlichtet den streit, indem sie mit doppelten fingern auf erschrockenen apotheker zeigt, der in seine geheimnisvolle hinterraeume verschwindet.

spanner-hans springt in einem satz hinterher und apotheker an die gurgel. er vermutet etwas schlimmes. beim festdruecken schaut er sich um: hier werden keine salben gemischt oder pulver zerstossen. hier hat der apotheker – die stimmung droht fast ernst zu werden – eine junge frau an die heizung gebunden. der rock fehlt ihr, eine schere hat die locken abgeschnitten, loetkolben und zange liegen strahlend sauber auf dem beistelltisch im stil der fuenfziger. kokosduft eines toillettensprays. streng. die frau hat sich eingenaesst.

hans schliesst leise die tuer hinter sich, die haende krampfen, obwohl doch jetzt der widerstand des eingedrueckten kopfes der apothekerkehle fehlt. die fremde dame im verkaufsfoyer reibt badesalz auf ihre haut. es geht schliesslich um vertraeglichkeit. immer.

sie schaut auf : das steht ihnen aber gut! sagt sie und zeigt auf apothekermantel-hans.

mit neuem image verschwindet dieser jedoch bereits im strassenbild. nur sein abbild in der linse der ueberwachungskamera brennt sich in den alten bildschirm ein und zieht schlieren. auf dem brustkorb des ex-apothekers liegt ein zettel: danke hans!

p.s. die frau ist fuer einige jahre gerettet. versprochen.

[pn]

filmregen

rasenflaeche. ich sitze auf der steinkante. selbst der russe neben mir spricht ueber neuordnungen und politische bildung. da hat er absichten insgeheim in sich geschoben, die keiner der hier anwesenden erfuellen kann. er telefoniert. ich drehe mich ab, mit dem styroporbecher in den haenden. sofort wird mir schlecht. geworden! er lacht ueber sein deutsch. integriere dich, meint er zu mir, als ich den kaffee wegschuette. er beginnt, ohne dass ich mich wehren kann :

in unserer zeit ist selbst ein stuhl zur suende geworden. wieso? da das sitzen unerhoerterweise zum selbstzweck geworden ist. geworden! nicht aus gruenden der faulheit, da diese ja nur im vergleich betrachtet wird. im gegenteil, es sind aesthetische gruende.

er amuesiert sich ueber das tempus, als sei es gezeitenwechsel an einem verdreckten strand seiner vor-vergangenheit. die leute koennen selbst in sibirien im sommer durch fluesse steigen und an buchten im meer versinken, bevor der eisboden nasenbrueche fabriziert. er haelt eine unsichtbare flasche an den hals, schlaegt mit zwei fingern dagegen und lacht sein so-geht-das. woher diese freude? ich habe mich bereits mehrere schritte entfernt, als er mir gruessend entgegenkommt. dem putin ganz aehnlich, denken die teutonen im park und greifen nach heruntergefallenen muenzen. du bist gar kein russe, sage ich und will ihn nicht durch willkuerliches raten verletzen. da haben wir alle noch einmal glueck gehabt. niemand wurde totgeschlagen, wenigstens in den naechsten vierhundert minuten in dieser stadt. da lacht er wieder, diesmal wohl ueber eine dilletantische moral am anderen ende der leitung. [pn]

die zeit war aber wuetend auf alles

langweilige monologe haben keinen anspruch auf heilung. vielleicht sagten die aerzte damals nichts, aber ich nehme schon zuviel vorweg. den abstand zu planen ist zu meinem beruf geworden. jahrelang interesse heucheln, um dann in erweckungsstarre zu beginnen. wenn ein tag mit ansteigender zahl mich einholt und die monate sich rapide beschleunigen, habe ich das gefuehl einen leierkastenspieler anzuhoeren, der fertigwerden will, der sich selbst schon satt hat. das datum wird zu einem klumpen mit kern, macht den kopf erbarmungslos muede, dass ich mich frage, ob ich wirklich erwacht bin und ohne traum. [pn]

idylle

heute wieder irgendein stadtfest. das heisst, dass der allerniederste abschaum mit schraeggestellten gesichtern durch die strassen wankt. geschmackloses deodorant in der strassenbahn, selbst die sonne verzieht sich, laesst raum fuer das bunte feuerwerk, grausam einfache ablenkung fuer die unverspiegelten stauneraugen. geifer an den lefzen, die muender von bierflaschen zerschnitten, es wird wieder gruende zum groehlen geben und brustklopfen, gieriges koerperlecken und einschlafen im morgengrauen. am naechsten tag laufen die samtleichen durch die pfuetzen, florentiner im guertel, kraempfe in den koepfen. heute am tag des vorausschauens klebt die zuversicht wie duenne wunschfolie ueber jedem kinn-stirn brei, macht den augenblick beachtenswert, stillhaltende ooh und aah-rufe beim budenzauber. einige rippenstoesse sind auch zu sehen. hatten die wanderer in den waeldern noch angst vor aufhockenden und kraefteraubenden waldgeistern, so zittern die zeitgenossen bei jedem doppelbild.

[pn]

stelldichein

das bombardement hoert nicht auf. wir werden geschult und programmiert, was gefaellt mir wirklich. wir leben in scheinbaren friedenszeiten. im diesem land, wo autoreifen quietschen, herzverfettung und kindesmissbrauch objekte sind fuer statistiker. gebaeude wachsen um uns, schautafeln werden angebracht. ich erkenne dich nicht, strahlen schiessen umher. die tiefsten toene sind am energetischsten. bitte merken. bitte aufzeigen. da sind doch meine wahlmoeglichkeiten. ich fuehle mich wie gelaehmt, nein frei. heute schien die sonne fuer einige minuten, oktober wollte ich sagen, november ist schon im kalender markiert. ein jahr geht vorbei. bei ungeraden zahlen fuehle ich mich besser. selbstverstaendlich gibt es fahrer fuer leichenwagen, diese geschichte ist so verdammt kurz. ich moechte etwas finden, nehme dazu deine hand. horizontfluechtende werden nicht aufgehalten, sie bleiben frei. mauern sind zum schutz vorhanden, nur zum schutz. politik ? haben sie meine aktentasche gesehen? sie steht dort neben der frau, die ich im handelsueblichen sinn attraktiv finde. ich sage ihr mein gehalt und die uhrzeit. sie verstroemt einen duft, achtet auf sich. in den fenstern der abendstadt sinken die koepfe auf die spinningraeder. einmal im jahr stirbt ein gesunder mensch auf ihnen oder verliert sein gedaechtnis. wir essen ploetzlich in einem restaurant zu abend. die abfolge der speisen ist egal. interessieren sie sich wirklich fuer kunst? da winkt sie ab, reell wuerde sie zustimmen, doch einige der untertoene gefallen ihr nicht mehr. polizisten kommen herein, fuehren einige ab. ich schaue nicht hin, beobachte ein anderes paar. sie hat blaue lippen, blassrosa. sie gefaellt mir. anscheinend kann sie sich nicht kleiden, doch ich finde eine vorstellung, die uns wohl beiden gefaellt. gleich lache ich leise ueber eine bemerkung meiner begleitung auf, die eine andere geschichte erzaehlt. wie bei einem vortrag haelt sie ihren kopf absolut gerade, so dass ihre halsmuskeln leicht hervortreten. das licht wird geandert. violett ist keine vorteilshafte farbe fuer eine frau. das fleisch auf unseren tellern kommt mir unnatuerlich vor. unter dem tisch schieben wir unsere fuesse hin und her. ich denke an etwas vollkommen anderes. es ist ein schlechtes restaurant, zu laut. ich glaube, dass wir italienisch essen. die kellnerin serviert sehr fahrig, hat ein laecheln im gesicht, vom vorarbeiter installiert. jemand stellt im hintergrund die wanduhr zurueck. ich drangsaliere sie etwas, damit sie merkt, dass noch widerstand besteht. der kritische augenblick, wir schalten auf ein abgesprochens programm. gepflegte isolation. die nachbarn in meinem haus halten es fuer notwendig die abfaelle abends oder morgens wegzubringen. mit dem verstecken der etiketten meinen sie sozialstudien aus dem weg zu gehen. sie wollen nicht ertappt werden. das letzte wort trifft mich unvorbereitet. ich denke an die frau mit den blassen lippen. adligenstoerung. dort drueben im hotel wohnt ein narziss, zeigst du mit langem finger. jetzt erst begreife ich, dass es eine meldung aus der tageszeitung ist, die ich mit wasser runterwuerge. ich trinke nicht mehr. tablettensuechtigeschweine, schreie ich heraus. jetzt wirkt sie gar nicht mehr nervoes, hat darauf gewartet. anscheinend ist sie sogar erregt. in jeder population gibt es vertreter unterschiedlicher komplexitaet.

[pn]

text ohne einfuehlung

die flintenweiber werden mit den gewehrkolben erschlagen. wir haben den lagrangepunkt erreicht. in der kneipe wird es zu hell, zu eindeutig, alle tragen billiges. die waende sind papierbehangen, jede beschreibung wuerde in die irre fuehren. hier reichen die blossen koordinaten. der raum geteilt in passgenaue luecken fuer die besucher, alle werden gleich belueftet. die schizophrenen riechen nach ziege. du sagst: ich habe neue worte verlernt, kann manches nicht mehr sagen oder schreiben. ich empfinde die beteuerungen als wahr, weil ich mir symbolisch mit dem kellnermesser in die daumenkuppe geschnitten habe. zuviele pflaster an den haenden, auch beim im arm halten und einschlafen. vergangenes bewerten, gleichzeitig kommendes anschauen wollen. jede handlung ein wechselspiel, das sich ereignet. wie verstoerend kompliziert ist selbst das simple raumdurchschreiten. das beinheben bleibt stecken in stotternder zeit, muehsam das losgehen, ohne zuvor die schritte im kopf zu hoeren, einem selbstbild zu erliegen und sich dem umkehrschluss zu straeuben. beissendes vibrieren. der raelitaetsschock zieht lautlos den untergrund fort, niemand lacht dabei, die haut wird kochend heisser wachs, stellvertreterhandlungen jetzt bei allen gleichzeitig, am selben tag ein befehl : droehnende einigung, die elektronische musik webt uns ein. das sichstressaussetzen nicht mehr als animalisches prinzip. ich finde mich an der theke beim bestellen von alkohol wieder, hier zaehlt die demokratie des staerkeren. unterschiedliche waffen, augenaufschlaege neben mir, zappelnde geldscheine auf der anderen seite. der durst macht blass schoen und gleichgueltig. viele paare gestehen sich die in diesem augenblick liebe. die ersten passagiere tanzen, da sie sich vergessen koennen. die aufwachenden verlassen die tanzflaeche und wippen mit kopf oder fuss, weil sie die absurde motorik nicht ertragen. aufwachen beim tanzen und sex. vulgaeres geniessen ist der einfachste weg sich mit einfachen strichen ein ego zu zeichnen, wenigstens einige minute haltbar zu machen. das ich wird staendig uebersalzen. der definitionsdruck verschwindet trotzdem nicht, sagst du. ich muss aufschauen davon. ich sehe nicht, wie vor der kneipe zwei wagen nebeneinander die strasse herunterfahren. sie ziehen meterweise aneinander vorbei, ein jeder einmal im vorteil. der hellere spielt cellomusik aus lautsprechern, im inneren sprechen wir wieder ueber holographische staedte und die unnoetigkeit der individualerfahrung. als medienkonstrukte sehen wir das aussterben des anspruch auf persoenlichkeit mit einem lachenden und weinenden auge. die von allen gefuerchtete konformitaet wird durch uebetreibung des aeusseren geradezu beschleunigt. ja ja, bunte abgrenzung, verlust von opportunen befuerchtungen. warenhaft bereiten wir uns auf den paradigmenwechsel vor, werden uns letztendlich zu gott entwickeln, allmaechtig und gelangweilt, setzt er den zustand zum ursprung zurueck, um sich, aus uns heraus, neu zu erschaffen. ein aufatmen ist hoerbar. endlich, sie dimmen das licht. [pn]

aus dem leben eines minenraeumers

so charmant, dass ihr gewartet habt. ich verhalte mich so, als haette ich nicht die absicht gehabt, bei einer anderen liebschaft zu klingeln. in absehbarer zeit fahren die bahnen wieder. dein raucherhusten zieht die voegel an, ich schaue auf und habe die gleiche sicht auf die strasse, wie alle vorherigen personen.

dort wo sie verwirrt war hoerten wir das glockenklingeln, nicht woanders, an keiner anderen stelle. hier auf dem plastikboden fanden wir ruhe und konnten zuschauen, wie jemand anderes unterging. keine schmalen hueften, keine freudlichkeit, offenbar waren alle anwesenden gleich. wir haben das konzert gesehen, waren enttaeuscht, konnten am naechsten tag nicht rechtzeitig aufstehen. alles was man verquollene augen nennt, soll ausgeschaltet werden. an ihren haaren finde ich mit einem schnellen blick keine anstecker, keine zierde. wie soll ich sie in der menge widerfinden? an der taille? ansonsten bin ich beschraenkt auf vermutungen. ihr name ist offengesagt eine schnell zu vergessende sache. ich kann mir namen nicht merken. notgedrungen stieg ich hier, manchmal dort aus, legte mich neben unbekannte koerper, schloss mich dort ein, wo es sicher war. es ging immer weiter. wir haben uns die persoenlichkeit nicht erschaffen, sondern nur ersehnt. abends, wenn aufwendige getraenke verzehrt wurden, konnte ich mich im schwarz fremder haare niederlegen. eine frau fragte mich neulich, ob ich nur bruenette lieben koennte. ihre haare waren blond, der strasse gewidmet. mein name fiel oft, wenn sie sprach. ich begehrte nichts, fand mich selbst genuegsam verschlossen in bewegungen wieder, die stolz waren aber ohne herz. in einem anderen land waere meine handlung eine stuetze, hielte aufrecht, fabulierte sie verwirrt, sie hatte sich in mir verfangen. oft schaute ich dann auf die verflossenen jahre zureck und stockte kurzzeitig und verwundert ueber die dinge, die mir zugestossen waren. selten, schwertweise denkend, wurde auch ich geliebt. dann brauchte ich keine maskerade oder grosse offenbarungen, sondern nur die strenge stille meiner anwesenheit und das statische rauschen der abwesenheit. in der betrachtung der vergangenheit sehe ich dinge versteckt, die zwangslaeufig stattfinden mussten. diese wohnung und die vorherige und selbst die zuvor waren zufluchtsorte einer danach stattfindenden handlung. ich haette niemals begehren koennen, wenn nicht fremde abscheu im weg gestanden haette. ich habe niemals zugelassen , dass ich als person auch liebe halten kann. dies ist der grund, wieso ich immer verlassen wurde. sie hat den kerker nicht ertragen koennen, dabei war es gleich,dass ich bereit war ihr die sterne vom himmel zu holen, die wir einst gesehen hattten.mein lachen nur aufgemalt und abstossend. bestaendiges fortschaffen in die fremde, in einem fremden land. [pn]

unterstellte ohnmacht

die grossen gesten machen die bedrohung nicht duldbarer. du langweilst mich. die schatten in dir sehe ich seltener, dafuer umso klarer. zumeist handelt es sich um einen bestimmten ausdruck oder eine angedeutete und nicht zuende gefuehrte bewegung. manchmal drehe ich den kopf dann erschrocken um, als gaebe es etwas neben dir zu sehen, es findet sich jedoch nie. wahrscheinlich verschwindet es, solange ich noch geradeaus schauen kann. die angst mein gesichtsfeld verengte sich, wurde durch aufwaendige messungen widerlegt. wenn ein arzt eine krankheit nicht zu gesicht bekommt, leide ich auch nicht darunter. ein gentleman agreement stuetzt mein verschweigen- was mir passiert ist und immernoch passiert. ich wende mich nur als beispiel an. flucht aus der wohnung, wo es in den waenden rasselt. gestern habe ich mir feinde gemacht durch hoeflichkeit. im alkoholischen kopf klingen selbst die lautesten stimmen dumpf. ein hereintreten ist moeglich, durch eine triggerhandlung ausgeloeste reaktionen, so folgerichtig, als sei ein kartenhaus im windstoss eingestuerzt. der betrunkene hatte vor einer kneipe trinklieder gesungen, gehaessigkeiten ueber andere nationen, ruettelte die schwarz-rot-goldenene dazu. steht aufrecht, um sich gleich zu buecken. so demonstriert er allen wie die hollaender gehen, wie krueppel. ich achte auf die pause, damit er luft holen kann. sein kleines rudel hat sich um ihn gescharrt, weil er der opferclown geworden ist. ich trete an ihn heran und frage, wieso er solche lieder singt. ich bin selbst betrunken und weiss, dass ihn die frage provozieren wird. meine bosheit nenne ich zivilcourage. es folgt die androhung von gewalt von seiner seite. ich schwenke ihn in die verwirrung, durch worte wird er fortgetragen, schnell will er sich abschuetteln, beleidigt ueberfordert, schaut fragend in die runde.beisteher auf beiden seiten der parteien, krumme argumente, willkuerliche positionen. es geht ums feiern, um alkoholische meinungen. so fest, dass man schreien will, nein muss, weil niemand mehr zuhoeren kann. der rat beschliesst aus muedigkeit und abnehmender geschwindigkeit einen hohlen kompromiss, als haette nichts zuvor hier stattgefunden. die meisten schauen blass mit roten augen. keine wirkliche loesung, nur der wirt tritt ab un zu vor die tuer, um uns alle wegzubitten. versoehnlich wird gelacht. man solidarisiert sich, flaschenklirren. die lautstaerke erfordert andere mittel, er droht mit haengenden armen, lustlos mit der polizei, die schon oft an dem gesamten pulk vorbeigefahren ist, ohne sich darum zu scheren, wie laut es auf der strasse ist. erst am naechsten abend, als alles schon vorueber ist, sagt die polzistin, die sich das bild von der netzhaut in erinnerung ruft, durch halbgeschlossene lippen, man moege etwas leiser sein. jetzt haben wir auch verstanden. [pn]

zusammen schmeckt es noch besser

sei nicht neugierig auf meine schmutzige kleidung. der zuckermann ist mitte fuenfzig, schiebt einen kinderwagen vor die ampel. dann kippt er seinen kopf wie ein vogeljunges nach hinten und laesst zucker auf die zunge laufen. zweimal hintereinander vollfuehrt er einen schrittkomplex, legt den kopf erneut nach hinten, der aufgerissene portionierte zucker faellt in ihn hinein. viele lachen ueber seinen hunger, schauen mit sorge auf den kinderwagen, verschlungen in der angst, er koenne das kind vergessen, wie einen gegenstand. zuckermann steht jetzt auf dem zebra , frueher gab es ihn hier, jetzt nicht mehr. zebrastreifen gibt es selten. autohupe. der zucker gaert in dem mann, sein wanst schaut aus der hose hervor. der muss doch schmutzig sein oder dumm oder faul oder geizig. viele koerper stecken in dem mann, gedankenketten, er weiss vielleicht nicht um den ballast auf seinen schultern. er ahnt etwas, mit ihm kann man kirschen essen. bei diesem schlemmermaul beisst nur der zucker loecher in die wangen, dort wo ihm die gesichtshaelfte pocht beim fragen oder vorangehen. wieder herzliche blicke. penner ist doch ein amerikanischer nachname? der deutsche lacht nur um zu vergessen, nicht um zuzulassen. [pn]

kreuzung

auf der strasse, zwischen dem rauch, keine anzeichen der gesellschaft, die tuer de wagens steht offen, die frau sitzt schraeg darin, nicht auf der suche nach einem ausweg, sondern nach einem grund. wir sind weit entfernt, so sehen wir die zuschauer. besser fuer die feuer, die im hintergrund zuenden. einen telefonanruf spaeter, sie ist erregt, hat eine allergische reaktion auf der lippe. im rueckspiegel sieht man eine ampel, die orange bleibt. naiver asphalt, kirschenhagel, es regnet hinein, auf ihre haut. in das wageninnere, radiorauschen, sie streckt sich in den beifahrersitz, geniesst die kruemmung der wirbelsaeule. der atem wird flach, mit einer duennen kanuele leitet der kapuzenmann kohlenmonoxid in den wagen. er traegt sie, weil er mager ist. so duenn, dass er sie ziehen muss. ins feld, wo der weizen noch gruen ist und keine zeichnung hat. ausgefressen eine schneise, er laesst den motor laufen, schneidet sich an den halmen. er schliesst die tuer, weil es jetzt schneit. [pn]

hoffentlich geht ihnen das geld aus

heute morgen erwache ich von kettensaegengeraeuschen. sie faellen die baeume um das haus. da hilft es nicht zu heulen, etwas von den aesten einzusammeln oder die stuempfe mit moos zu bedecken. eine folge: postbeamte werden gierig werden, weil sie nicht mehr durch die schatten steigen muessen. der himmel von uns bevormundet durch entfernung der kaelte. die zusammenhaenge werden ergaenzt und fuesse in zu kleine schuhe gezwaengt. der blick bleibt jedoch erhaben. spaeter an der haltestelle ein beweis : sie ist noch sehr jung, vertraut scheu auf ihre wirkung. vulgaere, nach aussen getragene schoenheit – anscheinend gibt es keine kompromisse zwischen unter und uebertreibung. [pn]

dienstag

die musik zweitklassig. das licht ausreichend geroetet. man kennt sich. erstklassig nur der handschuhkummer, der hin und her gereicht wird. belanglose opfer. nach dem hinaustreten wird doch vergessen. die gaeste sind sich einig. ein anwesender denkt: vorige woche ist doch etwas passiert. er koennte diesen tag hervorrufen, moechte es aber nicht. an die wand gegenueber der theke, schraeg zu den tanzenden, ist ein jesus projiziert. er stellt sein gemaltes antlitz zur verfuegung, koennte er, wuerde er lachen. der barmann weiss, dass er nicht in die glaeser spucken darf. schade. [die glaeser werden sowieso nur oberflaechlich gespuelt und nie poliert ] die gaeste stehen sich im flur im weg, reichen geld hin und her. die frauen versuchen sich mit dem gesicht in das rote licht zu stellen. die maenner sind lieber im schatten. schoenheit vergeht, wie sommerschwere. der anwesende nennt sich hans und diskutiert. er hat keine angst vor einem ausgedachten deutschen namen. seine begleitung heisst anders. die worte aus ihrem mund sind zu sanft. sie klingen einigend, als muesste karl geeicht werden. er versteht nichts, verletzend wirkt es, wie eine ueberschreitung. zu viele vergleiche. er schuettelt den kopf. ich bin doch betroffen, aber nur heimlich. sie sagt: ich moechte nicht, dass es uns schlecht geht.
sie beugen sich oft vor, weil es sehr laut ist. dabei verzeihen sie sich nur langsam. innerlich stehen ihnen die traenen in den augen. perfekte marmorbodenpflege und tageskurs im kofferpacken. seidenpapier knistert. die schnallen gehen einfach zu. sie schuettelt sich und geht zur flaeche, ueber der sich eine diskokugel dreht. ihr skelett ist zum tanzen gemacht. hinein in die welt der reichen. sie vermeidet augenkontakt, obwohl er angebracht waere. im fernsehen zeigten sie mittags einen krieg in einem fremden land. das sagt man nicht. sie hat schnell umgeschaltet. vor so vielen bildern wurde schon gestritten und geweint. sie sind angefuellt mit eigenen betrachtungen. ihre aussenwirkung wird unterschaetzt, sie werden degradiert auf anzuschauendes. doch dies meinte sie nicht. ihre gefuehle sind abwaschbar. beim sprechen brechen ihr die worte ab. zu lange stand sie in ecken, hat sich mitziehen lassen. heute passiert dies nur auf ihren wunsch. sie weiss, dass sie haut zeigen muss. ihr ist es nicht zuwider. ihr begleiter hat sich an der theke bereits umgedreht. dort wird immer nur geduzt. [pn]

hochhaus & klischee

an diesem tag wuerde ich gerne sagen koennen : diesmal ist das wetter nicht hindernis, sondern bloss hintergrund. aufgeklebte pappe, vor dem dieser betonquader in den himmel ragt, dessen geometrie mich einlullt und die schande vergessen laesst. welche schande? die anklage lautet auf unzurechnungsfaehigkeit, auf starrsinn ueberlebensgross. bei anderen ist ein ungebuegeltes hemd schon grund genug fuer einen wutanfall, bei mir schleichen die fehler lautstark und offensichtlich umher. sie helfen mir bei jeder treppenstufe, bei jeder verbeugung vor dem hochhaus. anfeindungen gehe ich durch flucht aus dem weg, lasse hier und dort durch meinen anblick umkehren, gefahr laeutet unvergesslich. der ausblick aus dem vierten stockwerk, obwohl die fensterbaenke und scheiben staubbedeckt sind, offenbart den wunsch nach gnadenhoehe. bereits hier sollte ich anfangen auf die zahnreihen zu beissen. hier schalte ich auch das telefon ab, lasse mich alleine-werden. die naechsten treppenhaeuser wirken gleich, zurueckgebildet, sie zeigen vertikale richtungen, je mehr ich an hoehe gewinne. geschlossene tueren hinter denen kein gereaeusch zu hoeren ist. ich presse mit den handflaechen gegen das fenster, spuere den widerstand, loese mich, da ich schnittverletzungen abstossend finde. als ich oben auf das dach trete schrecken die tauben auf, ich habe ihnen nichts mitgebracht. tetanusspritze in der tasche umschlossen, sehe ich unter einer verhangenen sonne, dass es hier auf dem rechteck keine kontrolleure gibt. das leichtfertigere denken beginnt. ich oeffne die schnuersenkel und trete an die kante, die begrenzung der welt, heran. die schwerkraft reibt sich schon die haende, als ich die augen schliesse und das zoegern zu einer gemuetsbewegung mache, die man auch am boden kennt. [pn]

mit nullen beschreiben

an einer deutschen hauptstrasse, gutbefahren, gehen menschen. auf der linken seite liegt eine wichsbude zwischen baeckerei und bank.langsamer hunger, ueberall passanten. sobald es sommer wird verwandeln wir uns in insekten, waermen die baeuche auf steinen und gefundenen koerpern. das erste eis des jahres. an die gesichter montierte facettenaugen, dunkle glaeser, blicke verhungern, bleiben mit willensanstrengung kleben. heute sah ich in einem lichtfleck das verwirrte gesicht eines freundes. ich habe ihm ein leid getan, professionell ist er darauf kalt geworden, hat meine worte angehoert und nicht aufgenommen. ich sprach nicht zudringlich, sondern im wissen einen schaden genossen zu haben. er fuhr davon, hinterliess einen eindruck, der stunden wirken sollte und einen gewissensdorn in mir stecken liess. dann wiederholte sich alles, der tag zuvor, dieselbe dumpfheit. gewitter, das schikanierende schirme oeffnet, paare aneinanderpresst, so dass man sie mit einer schere teilen muss. gedraenge unter dem haueserzeilendach. die herden fluechten in geschaefte. lass uns doch ins kino gehen-stimmen. so tauscht sich fremdes leben aus. teller mit speisen werden in den gastronomischen betrieben herumgereicht, glaeser knallen an das lachen, das nach draussen klingt. ich spreche mit jemandem, ich glaube mit einer frau: konzentrieren sie sich? lassen sie mich eine geschichte erzaehlen, so vergessen die anderen vollkommen den zusammenhang, sehen sie, wie schwierig es ist den worten zu folgen, als haette dieser satz keinen anfang.

[parole der weichheit]

stellen sie sich eine gemeine cafesituation vor. einige tische vor der grossen scheibe. die moebel ungekonnt zusammengewuerfelt,zwar mit absicht, aber ohne geschmack. folgendes passiert. geschirr fliegt auf mich zu, zerspingt nicht am boden, zwei grazien stellen sich auf, huefte und schulterbreite proportional, im haar stecken blumen, anti-steak gegessen, fragzeichen. hueftschwung, jetzt entfernen sie sich, lachen sich laut bis in die bequemlichkeit. mein wirbel knackt bei jeder kraenkung, verteilt die sproeden haelse, beine unter tischen verschlungen. als ich bezahle faellt mir eine taube auf, die nicht mehr fliegen kann. jedoch nicht durch gebrochene fluegel, sondern aufgrund faulheit. hinter mir jetzt doch ein scherbengeraeusch, der kellner hatte nur einmal glueck.

sie sagt:

[gewohnheitsrecht]

synchronizitaet, weil das gestern und selbst getraenke sich wiederholen. ich duze sie nicht, weil es alle von uns erwarten. jede bekanntschaft faellt in ein raster, in einen wunsch zerfaellt sie gleich, kann nichts neues mehr verlangen. es bleibt nur beim aufheben von beweismitteln, trophaee, die grausam bleibt.

ich schaue schnell in die fahrenden autos vor uns. vielleicht habe ich es schon gewusst. wir reden aneinander vorbei. ich sollte die platte umdrehen. [pn]

vollaromatischer geschmack

musik fuer kaputte. so tun, als sei die freude da. alle schwitzen durch kaffeetrinken. halten sich aneinander fest.gnaedig die paare, weil es paarzwang in den koepfen gibt. so schlaegt jeder ein kreuz an die brust, auch wenn er nicht glaeubig ist.puppenhaende auf plakaten ueberall. puppenkoepfe. wir warten um uns aufzuladen. es enstehen pausen. nach einem bestimmten satz bleibt es nur zu schweigen. schauen darf man immer. in die augen faellt es ein. [pn]