unterstellte ohnmacht



die grossen gesten machen die bedrohung nicht duldbarer. du langweilst mich. die schatten in dir sehe ich seltener, dafuer umso klarer. zumeist handelt es sich um einen bestimmten ausdruck oder eine angedeutete und nicht zuende gefuehrte bewegung. manchmal drehe ich den kopf dann erschrocken um, als gaebe es etwas neben dir zu sehen, es findet sich jedoch nie. wahrscheinlich verschwindet es, solange ich noch geradeaus schauen kann. die angst mein gesichtsfeld verengte sich, wurde durch aufwaendige messungen widerlegt. wenn ein arzt eine krankheit nicht zu gesicht bekommt, leide ich auch nicht darunter. ein gentleman agreement stuetzt mein verschweigen- was mir passiert ist und immernoch passiert. ich wende mich nur als beispiel an. flucht aus der wohnung, wo es in den waenden rasselt. gestern habe ich mir feinde gemacht durch hoeflichkeit. im alkoholischen kopf klingen selbst die lautesten stimmen dumpf. ein hereintreten ist moeglich, durch eine triggerhandlung ausgeloeste reaktionen, so folgerichtig, als sei ein kartenhaus im windstoss eingestuerzt. der betrunkene hatte vor einer kneipe trinklieder gesungen, gehaessigkeiten ueber andere nationen, ruettelte die schwarz-rot-goldenene dazu. steht aufrecht, um sich gleich zu buecken. so demonstriert er allen wie die hollaender gehen, wie krueppel. ich achte auf die pause, damit er luft holen kann. sein kleines rudel hat sich um ihn gescharrt, weil er der opferclown geworden ist. ich trete an ihn heran und frage, wieso er solche lieder singt. ich bin selbst betrunken und weiss, dass ihn die frage provozieren wird. meine bosheit nenne ich zivilcourage. es folgt die androhung von gewalt von seiner seite. ich schwenke ihn in die verwirrung, durch worte wird er fortgetragen, schnell will er sich abschuetteln, beleidigt ueberfordert, schaut fragend in die runde.beisteher auf beiden seiten der parteien, krumme argumente, willkuerliche positionen. es geht ums feiern, um alkoholische meinungen. so fest, dass man schreien will, nein muss, weil niemand mehr zuhoeren kann. der rat beschliesst aus muedigkeit und abnehmender geschwindigkeit einen hohlen kompromiss, als haette nichts zuvor hier stattgefunden. die meisten schauen blass mit roten augen. keine wirkliche loesung, nur der wirt tritt ab un zu vor die tuer, um uns alle wegzubitten. versoehnlich wird gelacht. man solidarisiert sich, flaschenklirren. die lautstaerke erfordert andere mittel, er droht mit haengenden armen, lustlos mit der polizei, die schon oft an dem gesamten pulk vorbeigefahren ist, ohne sich darum zu scheren, wie laut es auf der strasse ist. erst am naechsten abend, als alles schon vorueber ist, sagt die polzistin, die sich das bild von der netzhaut in erinnerung ruft, durch halbgeschlossene lippen, man moege etwas leiser sein. jetzt haben wir auch verstanden. [pn]