Alle texte in ‘wachsfigurenkabinett’



das theatralische aufstehen ohne die zuhilfenahme der anderen

im buero. ich stelle fest: die klimaanlage ist eingestellt, dass man sich an der kaelte verbrennt. mir gegenueber sagt der mann: dieses oxymoron ist ein unnoetiger vergleich. sie haben den knopf doch vorhin selbst abgerissen.

wir sehen die atemkristalle zu boden fallen. in der muetze und dem geliehenen pullover sieht er wie ein stoerrisches kind aus. ich klopfe die akten auf dem holztisch gerade, das geraeusch klingt angenehm klar. das kind schliesst die fischaugen, er moechte meinen erklaerungen nicht mehr zuhoeren, ist dazu gezwungen, mein armer praktikant. aussergewoehnlich langsam zeige ich ihm jeden arbeitsschritt. verziere mit unnoetigen ausschweifungen, expandiere jedes wort und jede fachbezeichnung. selbst ein einfacher vorgang, wie das vorschriftsgemaesse entsorgen delikater akten oder das abheften einer notiz weite ich zum staatsakt aus, beschmiere alltaegliches und selbstredendes mit wichtigkeit und wuerde. an dem winkel seiner schultern, die er links und rechts vom starren hals abhaengen laesst, sehe ich die schwere seiner langeweile. er nickt und folgt eifrig im glauben so meine ausfuehrlichkeit zu daempfen, er will durch exakte ueberlappung und richtigkeit die zeit antreiben. der praktikant wirkt hilflos, als wolle er irgendwo mit spielgeld bezahlen. ich blende ihn, drehe mich von jeder arbeitsposition leicht weg. das scheue blitzen in den augen zeigt mir die hoffnung seinerseits. sollte dieser schritt schon ausgestanden sein? beendet? willkuerlich fuege ich deshalb zwischenschritte ein, erklaere etwas kurz vor teppichrand und lueftungsrohr. der starre hals muss wie eine puppe blicken, folgt meinem zeigefinger, der wie eine peitsche herumschlaegt. inkongruent erzaehle ich banales, das vom tonfall heiter wirken soll und mache ein unfreundliches gesicht dazu. bei ernstem und entscheidungsgrenzen beklopfe ich ihn kumpelhaft und verzerre den mund zum laecheln, lege sorgenfalten auf die stirn und halte mir die seiten. im anschluss schon den naechsten beweis auf den lippen. zum thema: die tischraender. gefahr am arbeitsplatz erkannt? frage ich. der mann hat seine eigene stimme schon seit stunden nicht gehoert und ist sichtlich verbluefft angesprochen zu werden. unsicher glaubt er an eine list. wuetend spanne ich die hand in die raumluft, dehne die gelenke. das gas knackt erfreulich. beim durchdruecken der haende beachte ich den praktikanten nicht mehr. am letzten knochen bleibt das geraeusch aus. jetzt liegt die genugtuung auf seinem gesicht. ein spiegel ist so aufgehaengt, dass man uns beide aus einer bestimmten perspektive im anschnitt sieht. eine gruene zimmerranke waechst ihm aus dem kopf. ich trete den bestimmten schritt zur seite, jeden augenblick darauf gefasst photographiert zu werden. [pn]

die abschaffung des aufschreckens aus dem schlaf

womoeglich faellt bei jeder deiner drehungen im bett etwas fuer mich ab. vor dem abrutschen in ein daemmern des bewusstseins dachte ich an das photographieren. an die tatsache, dass wir uns die alptraeume bringen. in unseren umarmungen versuchen wir das zu finden, was uns allein vergoennt ist. die alte formulierung erscheint unzeitgemaess, die fuellung des satzes mit zwei zeitbestimmungen ebenso. in tatsachenberichten ueber beruehmtheiten wird neben dem geburtsort oft das sterbedatum mit dem vermerkt ebenda versehen, als sei die gezeigte person im selben ort umgefallen, an einer herzkrampfattacke oder altersmild in enten oder gaensefedern dort verstorben. bruecken in die vergangenheit sind blaue socken zu schwarzen schuhen, es knirscht beim anschauen, wie beim ueberschreiten. betrachte dich nicht, sonst vergisst du nur den text, fluestert eine stimme in mein ohr. ich kann nicht erkennen, ob sie mir wohlgesonnen ist. durch schoenheit erreicht laufe ich auf die andere seite, zwei arme verbogen dich festzuhalten, jeder schritt vibrationsquelle, du zitterst und wirfst dich leise schluchzend um. die decke ziehst du mit dir fort, wickelst dich und schraubst dich darin ein. stunden spaeter, da bin ich schon lange halbwach und in eile den zug zu erwischen, sehe ich folgende begebenheit: eine gruppe reisegepaeckbeladener frauen im mittleren alter. sie kreischen bei jedem wort ihr alleinsein heraus, als sei dieser aufruf eine seltsame art geworden ihre situation zu unterstreichen. sie verstecken sich im dialekt, verpassen ihre station.lachen auch darueber. wissen nie genau, wohin sie fahren und was sie hinnehmen wollen ohne wellen zu verursachen, lehnen sich an die haltegriffe ihrer koffer, ruhen sich aus. sind ja schliesslich auf reisen. sie reden nichts, erfahren untereinander nichts mehr, die nasen eingedrueckt. durch lautstaerke, die sie ausgelassenheit nennen,warten sie gesehen zu werden, oder ihre miniaturrucksaecke auf den ruecken. die gruppe steigt unter raedergeklapper aus, zerfaellt am abend. sie schlafen und schlafen ein. ich bin vielleicht auch nur zu einer merkwuerdigen figur in ihren traeumen geworden, trage jetzt alle attribute, die ich ihnen verpasste. beim aufwachen werde ich endlich. durst. du schiebst etwas atmend um zentimeter weiter, vier minuten liege ich da, kann mich befreien und schlafe kurz wieder ein, ohne folgen zu vermeiden oder zu bedauern. [pn]

scheren werfen

der sand klebt unter den nassen fusssohlen, er hat dreck in die wohnung gebracht. eine wohnsituation, sagt klara, du ziehst hier aus!sie will entschlossen wirken und erkennt nicht, das ihr gesicht entsetzlich leer ist. hans denkt sich: du neutrale. aber nur im stillen. er stellt das radio lauter, nickt und verzichtet auf den sportteil, den er nur liest, weil sein vater dies tat. menschlichkeit ist erziehungssache. hans sieht den vater kleinteilige bewegungen machen, vor allem nach dessen operation. kehlkopfkrebs, danach nur hochgeschlossene hemdkragen, als koennte ein erwachsener mann nicht feststellen wo sein hals endet. merkwuerdig sah der vater aus. hans telefoniert nur ungern nach hause, die scheppernde kastenstimme verzieht sich durch die leitung. unmoeglich staendig nachzufragen, da fuehlen sich doch beide teilnehmer bescheuert distanziert. um wuerdevoller sprechen zu lernen reicht es schon aus extensionen in die saetze einbauen. im kopf sitzt hans in der rhetorikschulung seiner firma. drei wochen noch, denkt hans und schiebt die eierschale auf das naechste tischdeckenkaro. klara schuettelt die teller in die spuele, ihr ruecken zeigt ihm, dass sie ueber die defekte programmautomatik der spuelmaschine veraergert ist.
der erste helfer im haushalt! hans greift sich an die finger, er hat die aufzaehlungen satt , die hierarchie der kuechengeraetschaften schon so haeufig gehoert. es gleicht einem abzaehlreim der nachbarskinder, die in der anliegenden allee herumirren, scheinbar spielen und dabei singen. frueher zog klara noch manchmal abwechselnd kleine und grosse augen beim vorbeifahren an den grossen fassaden, den repraesentativen vorgaerten und reklamefreien briefkaesten. die firmen trauen sich heute nichts, wegen der teuren anwaelte in wartestellung! hans lacht ueber das anwaltsproletariat. dort wird keine werbung eingeworfen. in seinem viertel quollen die buntverschnittenen prospekte foermlich in die freiheit. ausgestattet mit einem ueberlebenstrieb aus papier, menuefolgen billiger chinesen durch wind in die baumkronen gehaengt. die stadtteile brauchten keine einkommensstatistiken, das unterschiedliche gewicht der bedraengungsbotschaften reichte bereits. hans kann es sogar ohne feingestimmte briefwaage verstehen. er laesst die reste des fruehstuecks stehen, einen schluck in der tasse, ein angebissenes stueck brot auf dem brett. klara nimmt dies immer wie rache auf. sie drueckt mit der spitze der pumps auf den muelleimertritt und laesst aus unnatuerlicher hoehe essensreste in die blaue tuete stuerzen. sie schiebt immer nur mit der gabel nach, nie mit den fingern. [pn]

lasst euch alle aufs rotieren ein

man kann sich auch im trueben licht betrachten, denkt der mann und fasst sich zur sicherheit in sein kranichgesicht. lassen sie die kleidung ruhig an, sagt er und hebt das kinn, als wuerde sein kopf nach vorne fallen. ich sollte jetzt nicht muede sein, sagt er, gerade laut genug, dass ihn die prostituierte hoert. sie hat die beine nicht uebereinander geschlagen, doch der kranichmann verspuert keinen reiz. er hat durst. die frau unterbricht ihn: wollen sie mir einen namen geben? sie haben schon fuer eine stunde bezahlt und glauben sie mir, ich muss nicht gerettet werden. von ihrer sorte kommen jede woche zwei.

im raum, der schuhkastenfoermig den schall schluckt und nur platz fuer das bett und eine kleine kommode laesst, wird es still. der elektrische strom selbst ist hoerbar, in den waenden klopfen andere sich den frust aus ihren koerpern, leiten ihn in fremde knochen. du bist meine tochter, sagt der mann beim aufstehen, die bettkante lehnt sich zurueck. die frau kann jetzt sehen, dass er eine ganz schmale nase traegt, kurz und bescheiden. als er weiterspricht glaubt sie erst an eine luege, an den witz eines perversen. seine unlust ist dafuer zu echt. sie wusste, dass sie adoptiert wurde und bei fremden aufgewachsen ist. die waren gut zu ihr, aber immer still. immer leise, dass sie in den raeumen der elterlichen wohnung – stiefeltern, unterbricht sie der kranich, stiefeltern – sie verbessert sich und bejaht , waehrend sie im abgetrennten nassbereich die eigene gesichtsform abgleicht. ihr faellt erneut nur diese stille ein, die dumm und hohl war. als kleines maedchen musste sie deshalb schon zwingend laut sein. wurde ermahnt in dieser gruft zu leben, beruehrt nur von badezimmerkacheln, vom besteck mit langen griffen oder den gelben teetassen. in der hand lag nichts, staendig begleitet vom blick der zaudernden und immer verschreckten mutter, die tagelang im bett gelegen hat, als anabelle dann spaeter weglief. laut war sie beim hinaustreten aus der korktuer, die gewalt der geraeuschkulisse in dieser nacht beschlug ihr dicht die trommelfelle.

ich kenne dein leben nicht, sagt der mann, kann dir auch nichts geben, weil ich selbst nichts habe. wir koennen an der ecke einen kaffee trinken, im bratendunst, mit stoerenden anderen, die uns die begegnung zermalmen wollen. sich im gedaechtnis einbrennen, durch ihre grobheit. staendig zum ueberstreichen unserer vorsichtigen bilder bereit, da sie sehen, dass unser schluck vom becher, dein blick, meine armbewegung und unser atemzug unwiederholbar sind. im licht wirst du sehen, dass ich anders bin und gleichzeitig nicht besser als jeder andere mensch auf deiner bordsteinkante.

als es an der tuer klopft wissen beide nicht in welcher reihenfolge sie gesprochen haben. ergaenzt und ein wenig gluecklich sich wenigstens in dieser haelfte zu begreifen, bewahren die worte anabelle davor mit dem vater zu gehen, den raum wirklich zu verlassen. stattdessen blickt sie in den papiergefuellten abfalleimer.

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ausweise bereithalten

den mund erschrocken ueber dem hals zu bedecken faellt leicht, als der nieselregen einsetzt, der krankenwagen um die ecke biegt, an der sichtkante auftaucht, den passanten gleich, deren temperamente an der gangart nach wetterlage erkennbar sind. gaffer suchen sich augenblicklich unter den regenschirmen zusammen, die jetzt spontan geteilt werden. lohnenswert der schlechte atem dicht im nacken. spritzwasser von ellenbogen, das jacken dunkel faerbt, solange am umgestuerzten fahrrad die speichen sich noch drehen. das vorschieben zoegerlich, umstellt die menschentraube die personen am boden. jeder notarzt muss diesen ring durchbrechen, tonlos, da der fluchtreflex oft ausreicht. die rote weste warnend mit den utensilien bestueckt, aerztekoffer daran, mit armen und eilenden beinen, hinter denen die trage folgt zur blutenden frau mit verdrehtem bein und kind, blassgelegen. durch die menschenkette ohne lichter, hinein in den innenhof der betrachtung. am schauplatz werden positionen besetzt. selbst bei unglueck greift ein katalog an handlungen, offizielle dirigieren unter rueckenstoessen. wie eine zurueckgezogene welle sammelt die stroemung auch unbeteiligte auf. dankbarkeit fuer sichtbares. der arzt sagt nach zahlen und medizinerlatein einen satz, auf den alle warten: hochschauen zum eintreffenden hubschrauber! er landet sanft. gleichzeitiges festhalten der sommerhuete, vulgaeres hochreissen der roecke. im regen faehrt die kamera asymmetrisch zurueck, legt in der totalen den blick auf die umherliegenden haeuser und felder frei, um blaulichtvermischt im regenvorhang zu verschwinden. dort gibt es interessanteres, als einen fahrradunfall ohne helm. das kind ueberlebt. was der arzt jedoch zum zustand der verdrehten frau sagt ist bereits unhoerbar und undeutlich genug zum abwenden. [pn]

verbietet kinderlieder

die polizisten kehren abends wieder, werfen ihre muetzen und schultern an die haken. zurueck in die wohnungen. teller stehen bereit, hausschuhe gleiten ueber gruenes linoleum. aludeckel abziehen. sich spaeter unter eine aludecke legen.

sie fragt: wie war dein tag?
er : gut. heute nur ein paar kinder vom aphalt gescheucht. die wollten nur knieknacken spielen.

die liebste runzelt die stirn.

sie : knieknacken? was fuer ein spiel ist das?

der polizist laechelt jetzt, weil er etwas erklaeren kann. streckt sich einmal den ruecken,atmet beim essen regelmaessig ein.

er: es gibt ein schoenes lied dazu, das alle dabei singen. hoer mal: such dir ein schoenes stueck asphalt. spring hoch so fest du kannst, zieh dann deine beine an und lass die knie knacken !

die frau zieht den vorhang zur seite und zuckt leicht. der polizist hoert auf zu singen.

sie sagt: meinst du das man es auch unter laternenlicht spielen kann?

da nimmt der polizist hektisch die muetze vom haken und die trillerpfeife von der ablage. er schafft es gerade noch den letzten bissen herunterzuschlucken. dann eilt er heraus.

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meins meins meins

seine augen sagen: jeder verzicht stuende mir besser. die traenensaecke liegen schwer in den augenhoehlen. wimpern stehen ab, wie latten aus einem ausgerissenen zaun. er fragt sich, ob es nicht zu heiss ist, um die sprache zu verstehen, die hier in der ubahn gesprochen wird. die gruene jacke passt zu seinem teint. viele sorgen hat er in den taschen , ausgebeult haengen sie herab. eine frau, die hinter ihm steht, sieht die herausragenden wirbel in seinem nacken, die linie, die seinen hals an den sitzstuhl bindet. gort hat die stirn zu oft gerunzelt. in diesen falten steht der schweiss, wird weggewischt mit einem taschentuch. er haelt es in der hand. an seinen fuessen steht die tuete, gort ist schon immer gerne kaeufer gewesen. sorgsam stellt er den gelben pvc-sack hin und her, rangiert, wenn andere beine aufstehen und sich strecken. gort schaut nach draussen an ein eufeubedecktes eckhaus, sofort will er schon schlucken, da ist bereits etwas in seinem hals, das ihm in den magen rinnt. die speiseroehre wird zum fahrstuhl, der saeure oft nach oben faehrt. tuechtig schaut gort dem krankenwagen hinterher, den fahradfahrern mit beschaltem kopf. auch den frauen, die in abendkleidern muede zu geschichten ihrer maenner nicken, sich wie verzweifelte durch wuerfe mit polierten messern gluecklich machen. gort weiss sich keinen rat, als alles anzuhalten und vermutungen im kopf zu lassen, die wild sind, obwohl sie erst zahm geboren werden. er legt die zunge im maul auf die andere seite und streicht ueber seinen bauch. jetzt faehrt die bahn noch schneller, versprengte baeume sind im boden eingesteckt. die strasse ist gesaeumt. gort legt das wort laechelnd im kopf zurecht. deckt es zu, als muesste er eine frage beantworten : der gegenstand heisst allee. [pn]

essig

reinigungsmittel. soviel flur , eigentlich nur sechs lange meter. grosse fliesen in kreisrunder bewegung buersten. das wasser grau machen, die ellenbogen daempfen. haare sind nach hinten gebunden. der henkel von dem eimer reisst demnaechst ab. es sieht so aus. die frau traegt eine neue blaue jeanshose. der diplomat tritt ein. er achtet auf seinen gang, die trocknenden stellen zwingen ihn zu einer absurden abfolge der schritte. er kann sich einen blick herunter nicht verkneifen, um folgendes zu sagen:

„gnaedigste, ich kenne sie nicht. aber nehmen wir an, ich wollte raum fuer eine seele schaffen. dann sagte ich zu dir, liebende duzen sich haeufig: ich finde einen undatierten brief von dir. deine sprache ist klar und schoen, ich lese ihn als erhielte ich ihn gestern. er verwirrt mich so sehr, dass ich angst vor ganzen saetzen habe. merkst du nicht, dass alles zerfleddert? als die kriege groesser wurden, wuchsen auch die dummheiten in uns. sie wachsen immernoch.“

sie schaut nicht hoch, als sie ihm antwortet und putzt dabei um seine schuhe herum: „ja.ich kenne dich.ich sehe dich in unserer wohnung.die maler sind da und treten auf den teppich. die ersten zoegern noch, dem rest ist es egal. unter den schuhen verschmiert die farbe jedoch nicht einheitlich. selbst der routinierte aesthet kann in dem muster kein ideal finden oder der situation eine schoenheit abzwingen. es ekelt dich fest, obwohl der teppich alt ist und die haeuser bald abgerissen werden. du wunderst dich ueber die sorglosigkeit der anwesenden und die enge deiner eigenen scheuklappen. beim wegdrehen streichst du dir einen faden von der schulter und gehst in den nebenraum. im tuerrahmen trittst du nicht auf die schwelle, du schliesst die tueren, bis auf einen spalt, so willst du sehen, wie die maenner lachen und arbeiten. ein flur wie eine promenade, grosse panoramafenster stehen offen und zeigen dir ein immergruenes tal.“

nachdem er kurz gezoegert hat, laechelt der diplomat und geht zufrieden ueber den frischgewaschenen boden. bevor er die tuer bis auf einen spalt hinter sich schliesst, stoesst er den eimer lautlos um. er bueckt sich sogar leicht dafuer. [pn]

vernissage

an der seite ihrer beine, schmale dumpfe gegenstaende. handschuhe oder pendel? die fuesse stecken in stiefeln, plastikhaut statt leder. zelle, die nicht schuetzen kann, trockenes gedaechtnis. im hintergrund schuettelblitze von photographenhand zerstreut. durch das oberlicht erreicht die netzhaut den vollen umfang. blicke sind wunsch nach granit. in der halle werden an kleinen tischen bistrobrote aufgebrochen, aschenbecher liegen daneben, wollen beschaeftigt werden. die angst vor der raummitte fixiert die eintretenden, zerrt sie an die monitore. interessenlos, tafelbespannung mit besten menschen, griffe zum telefon oder an den kopf. am rand rutschen vorsichtige an der wand entlang, fallen in ein cafe, in heissgetraenken schwimmt ihr schaedel. trillerpfeifen, die grundlos zurechtweisung erteilen. keine eindringlinge zu sehen, die schaden, also muessen die heiligen bluten. alle um mich herum sind an der basedowschen erkrankt, suchen zucker fuer den schonkaffee. stummel im mund, beim setzen aechzt nicht nur der stuhl. gratiswasser bei jeder drehung, mir gehen die schuhe auf beim treppensteigen. ich will keine neuen bilder fressen : langsam lecken sie hintereinander den schaum von langen loeffeln, als warteten sie darauf gesehen zu werden. [pn]

aufgestellte bahn

gier zwischen den steinen, darueber in das gruen geworfen, eine bahnstation. ihr name zu belanglos. koffer stehen herum, dicht bei den beinen der besitzer. hier wird schon nichts geschehen. die schienen glattgezogen, wie eine taeuschung, verjuengen sich im punkt des schaerfsten sehens. anwesende erhoben auf der plattform, unter ihnen einen meter tief eingelassen, stahl, der strom fuehrt. eine parallele. kein grund sich hier zu wundern. bloss im moment, als der zug einfaehrt und die bremsscheiben nach schweiss stinken. rasch oeffnen sich die pneumatischen tueren, die passagiere steigen ein. dann sehen sie, dass die gleise sich erheben, fuehren in einer steigung in die hoehe, ganz ohne berg und ohne saeulen. der zug faehrt an, zieht an den nerven, drueckt auf die trommelfelle. schraege position, der koerper wird jetzt zu einer last. die reisenden, in ihre sitze gepresst, erleben und sind still. sie werden wohl wissen, dass es sein muss. gepaeck faellt zum ende der waggons, funken schlagen vor die scheiben. die landschaftslinie ist eine diagonale. das geraeusch wird forderung, die lichter fallen aus. durch die fenster dringt ein luftzug. die ersten schreie, orthogonal zur erde, haare durcheinander, kleidung zerwirbelt, gesichter werden fest und hoerig. familien werden langsam, kein ausstieg ist mehr moeglich, geschwindigkeit im zuwachs, schienengleiten, wieder stille. verblendung, die luft wird duenner, selbst das geld ist nun sinnentleert, meter um meter, das steigen wird zum fallen, ein bogenstrich ueber die geigensaite, virtuos. eine person im publikum verzieht ihr gesicht. [pn]

journalist im panoptikum

richtfest, abgebrochene zeilen, kein aztekenreich. zappelnde fuesse, film noir. in die nacht hinein, aus ihr wieder heraus. so folgsam und gebrechlich. beilaeufig wird dies rhythmus genannt. im wagen mit abgebrochenen fluegeln, am kragen zusammengehaltener samt. der nach oben gestreckte kopf faellt hin und wieder an die fensterscheibe. der anzug ist nicht billig, aber von der stange. an den handgelenken gleich mehrere uhren. traurigkeit wird darin eingeschlossen. eine frau fragte mich am vorabend, ob ich nicht lieber nach hause gehen moechte. selbst sie sah die langeweile. ich haette meinen mantel mitnehmen muessen, der sommer verkriecht sich in einem abgelegenen winkel. die erde dreht sich von der sonne, jedoch bleiben informationen nicht stehen. peinlichkeiten vermeiden, keine gleiche vergegenwaertigung oder verweigerungshaltung. eine optik, dieses sich zuegeln muessen und baendigen. doch die triebe gaeren weiter, die stille haelt nicht lange vor, erzaehlt nur in stuecken eine sinnvolle geschichte. hier ein kompliment und schon folgt ein zoegern, der alkohol enthemmt, schafft lange ruheperioden in denen man nichts tun muss, nur die existenz ertragen. fiktion verwirrt, sie schafft einen schoenen palast, dass die gedanken ihr nicht folgen wollen. sind die schuhe richtig ? die koerper sauber, der richtige gesichtsausdruck gewaehlt? mit formen und vorlagen in eine gesellschaft hineingepresst, aua, ha ha, die keine ziele hat und nur vom schwindel leben will. ein boot, ein hintern, ein fingerzeig. fuer diesen gibt es nicht genug haende, nur loecher, durch die das weisse wasser rauschen kann. ein seufzen, eine quaelerei spaeter und es kann befriedet werden, umgeschaltet, eingedreht auf eine andere frequenz. hier geschieht nichts, schreien die menschen. dabei zittert um sie herum die welt. unsere laute ergeben manchmal sinn, doch zu oft verstopfen sie die ohren und bilder stanzen uns die augen krank. zuviel bitterkeit? in friedenszeiten geraet die stabilitaet ins wanken, weil der verzicht auf gewalt nicht dynamisch genug ist und ersetzt werden muss. wo die moral nur subjektiver machtkampf ist, wird projiziert und ungeduld gestaltet. so fallen selbst die krankheiten noch auf, klammern sich an und klingeln beinah wie musik. dissonantes haendefalten, kopfschuetteln von einer verblassenden intelligenz. noch wird das licht nicht ausgemacht, wenn schwadrone wie zecken ueber fremde staedte fallen. der standard faellt, reizschwellenangst, sogkraft und revolte. die gaeste in der bahn teilen sich die worte, es ist schon trueb und wolkenlos geworden, ein pressen auf die schlaefen folgt. nichtakzeptierte, die sich den transport und die leiden teilen. durcheinanderfallen. fremde, die sich schlagen. vorteilsgedanke und wahnleib umkreist die stollen, die schon eingestuerzt sind.

vor hundertfuenfzig jahren gab es die angst lebendig begraben zu werden, dann die bedrohung durch den erstschlag. der fallout fiel imaginaer im geist. jetzt opfern sich alle punktuell, werden zu bienen und hornissen. mit jedem schluck steigt die gefahr den stachel im mund zu spueren, zum beispiel an einem sommertag. [pn]

wenn der, der gegenstaende wirft, denkt

von den balkonen, die angeheftet sind an die fassade, in der er wohnt, regnet es gegenstaende. dahinter ein raum, die anderen nennen es zimmer, er muesste es sein zimmer nennen. weiter : obwohl er das wort regen nicht mag und in diesem zusammenhang auch nicht benutzen wuerde, schwenkt er seinen arm ein. er moechte nicht weit werfen. keine rekorde, er moechte niemanden treffen, es gibt kein ziel. er tut es aus angst. er findet kein besseres wort dafuer. in diesem raum liegt er dann, wach ist er oft, er legt sich aus vernunft nieder. musik ist ihm wichtig gewesen. wenn er ueberlegt, weiss er, dass er sie vergewaltigt, hoert die stuecke kaputt. sein arm ist wieder ausgestreckt, horizontal, er ragt ueber die matratze , wie ueber die bruestung. er legt den kopf an sie, wenn sie bei ihm ist. er wirft die gegenstaende und schliesst die augen. er schaut nicht nach unten, weil es selten ein geraeusch gibt.

die farben kennt er, weil er im bett aus dem fenster schauen kann. sie ist stumm, keine prostituierte. seine grosse liebe, sagen vielleicht die nachbarn. im alleinsein bleibt er im raum stehen, sagt stundenlang kein wort, damit er seine stimme vergisst. es hallt, blech steht in der luft, gitarren in seinem raum. er ist wieder auf dem balkon. die stimme, sagt sie und dreht sich weg, ist das wichtigste fuer mich. ich drehe mich und du kannst beweisen, dass du noch da bist. er denkt: sie ist bei mir, die suesse. der kaffee macht ihn wach. er trinkt ihn und schaut nach draussen. nachts schreien katzen dort. vielleicht ist es nicht bedeutend, sagt sie.

die tuer klemmt, er geht nicht gerne hinaus. dort ist so viel, das kann man nicht alles hochtragen. auch wenn man moechte. er denkt nicht ueber den willen nach, er laesst ihn pochen und den arm bewegen. der bewegt sich schon von selbst. sie geht, obwohl er noch etwas sagen will. das wort bleibt in ihm stecken, er findet kein besseres. sie steht auf. schlank bist du, sagt er und zeigt auf die bruestung. ihre blicke treffen sich nicht mehr. sie bringt immer etwas mit, das kennt er, auch wenn er vergessen hat, dass die zukunft bald kommt. gleich stemmt er etwas hoch. die luft schneidet ihn, will nicht recht in seine lunge passen. dieses mal gibt es ein geraeusch. er erinnert sich, hinkt zurueck und sieht, dass sie fort ist. er wird nicht herunterschauen, er schliesst die augen. schwarz.

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gefuehlskleiderstaender

seit tschernobyl ist das wetter immer so schlecht, sagt die frau und nickt der anderen zu. so endet ihre beschwerde, als sie weitergeht und ihr kind hinterherzieht. sie bildet es zu ihrem doppelgaenger aus. wie viele gestische brocken bleiben in der sommerluft haengen, da niemand sie anschauen kann, weil es zu heiss dafuer ist. wir bevoelkern, ziehen uns an jedem sonnenstrahl entlang aus den hoehlen. hormonelle bewegungen und assoziationsgewitter. auf den rasenflaechen fahren paare einander durch das haar. geniessen verdientes. die spaziergaenger rundherum solo, vergessen ihre zeitverschwendung morgens vor dem spiegel. die meisten lippen bleiben ungekuesst. die frau mit kind hat freunde, die aus zahlen bestehen und anfaengen. ihre absicht ist temperaturschlag, der leiber kondensieren laesst. ihr scheint es fuer eine achtung zu spaet, so gelangt wenigstens manche haeme in fremde gewissen. sie betrachtet den mann, der lesend vor ihr liegt. ganz nah beim gehweg, wie ein hund. es ist weniger problematisch in der mitte des gruens zu liegen. dort wirkt es angepasst in eine vorstellung, wie die szene wirken sollte. wie sie scheinbar richtig waere. der mann erscheint ihr mutig, beinah vulgaer herausfordernd. aua mama, du tust mir weh. das kind reisst sich los und haelt sich die hand. die frau blinzelt, auch der mann schaut jetzt von der lektuere auf. er ueberlegt und urteilt ueber ihre attraktivitaet. naja. gestatten sie, dass ich mich vorstelle ? ich heisse oskar. oskar sand. er steht neben ihr, dabei hat sie sein herantreten nicht bemerkt. er klappt das buch auf ihrer augenhoehe zu, dass es knallt. sie nennt ihren namen. kaffee dort drueben ? einverstanden.

das kind kommt herangeeilt, wirkt unscharf in der ferne es ist fast zum horizont gelaufen. soll ich jetzt papa zu dir sagen? die mutter laeuft rot an und bestellt schnell ein eis. oskar raucht und schaut auf den see. er hat es wirklich ueberheoert. sie lachen und reden dreissig minuten. unter dem schirm seilt sich eine spinne auf den tisch herab und laeuft ueber die loeffel und leeren sahnetoepfchen. dann sagt die frau ernst :

glauben sie nicht, oskar, dass ich so eine bin. so eine verzweifelte mutter, die sich bei regen nicht auf die strasse traut und dann gleich in den park geht und einen mann trifft, wie sie. ich gebe ihnen hier meine nummer. wir koennten uns wiedersehen.

die ganze zeit traegt sie weiter ihre sonnenbrille und streicht ab und zu yvonne ueber den kopf. diese isst ein erdbeereis und spricht zu einem hund, der am nebentisch im schatten liegt. oskar trinkt einen schluck wasser und erwidert: geehrte [ er schaut kurz auf die notiz, dann wieder auf den see ] sophie, ich habe mir gar nichts gedacht. ich sah sie nur kurz und sie sind mir nicht aufgefallen. ich muss in diesem punkt ja ehrlich sein. doch ihre arrogante koerperhaltung hat mich beim zweiten blick schon interessiert. wie ein jazzstueck, dass man mehrmals hoeren muss, um nicht als amateur oder gar ignorant zu gelten.

sophie nickt kurz, lacht dann heraus: arrogant ? ja, sicher, sie hund am wegesrand. sie provokateur der kleinen leute. die meisten schauen ja in die ferne und uebersehen das, was ihnen direkt vor den fuessen liegt.

oskar laechelt und beobachtet, wie sophie ihrer tochter mit einem loeffel etwas rotes eis um den kindermund verschmiert, um es danach mit einem taschentuch abzuwischen. die restlichen gaeste schauen ihnen zoegerlich zu, scharren mit den fuessen. selbst der hund hat den heissen kopf gehoben und die ohren aufgestellt. oskar sagt diesmal direkt in ihre braunen augen : da haben sich zwei gefunden, oder nicht ? er ruft den kellner heran, damit sie getrennt bezahlen koennen.

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neues willkommen

versprich, dass du zum arzt gehst, wenn die lymphknoten nicht bald abschwellen, sagt sie und haelt ihn am arm. aber er ist schon rausgelaufen. die tuer schwingt nach und muss auch gehalten werden. sie knuepft ihre bluse bis auf den letzen knopf zu. niemand hatte sich gesten aufgespart. gestern: sie steigen aus der maschine aus. die frau lacht, weil zwei feinen damen die absaetze auf dem runway abbrechen. heutzutage ist das fliegen leichter als das gehen. der wind scheint nur sie zu verschonen. das subtile paar hat angst. der himmel sieht hier anders aus (beinah haette sich die frau versprochen und himmler gesagt. ist noch einmal gut gegangen).ja, anders, antwortet er und zeigt die papiere dem zoellnergesicht. er riecht daran. den rest der worte schiebt die frau in den bauch. vielleicht ist spaeter dafuer zeit. tokkes schultern stehen zur seite, waehrend sie weiter versucht an seiner seite und linie zu gehen. in der wartehalle herrscht tumult. zwei maenner stehen schreiend ueber geoeffneten koffer, straehnige haare legen erboste augen frei. tokke faehrt mit dem koerper an allen vorbei. er wuenscht sich kein egoist zu sein, verschwendet ein lachen an seine frau. sie bleibt kurz stehen, um sich an die fersen zu greifen. vor den scheiben landet ein flugzeug unbeherrscht, zieht blaue faeden auf den aphalt, gebrannte gummireifen statt gebrannter mandeln. weihnachten in der karibik. treppen werden herangeschoben, zeitschriftenabgabe, auf dem rueckflug sind sie leicht zerknittert. die passagiere warten im korridor. jeder fluggast hat eine eigene taktik die sicherheitskontrolle zu ertragen. tokke kann nicht mehr weiter, er hat zuviel schnaps getrunken. du trinkst zuviel, sagt sie leise. er nimmt ein pfefferminz aus der tasche. dieses mal wurden ihm sogar die arme festgebunden. jetzt fliesst der schweiss aus den poren, kuehlt nicht bloss die haut, stinkt auch. taxisuche. die flugbegleiterin legt ihm eine hand auf den verschwitzten hals, zieht sie wieder zurueck. der flug ist gleich vorbei, sagt sie kuenstlich mild. tokkes frau schaut auf die wolken. jetzt werden sie in der schlange vorgelassen, er stolpert die drahtigen stufen herunter und schlaeft im waschraum des flughafens ein. [pn]

nero & expose 1

nero ist an expose gelehnt. die zieht einen schlitten hinter sich her, die schultern verdreht, schaut in die falsche richtung. der schlitten ist einbildung, vielleicht hat nero wache gehalten, seine beine meiden den stillstand. exposes haar ist nass, sie schuetzt ihn, die schritte sollen ablenkung sein. sie waere gerne nuechtern, der schlitten hat sich verhakt. lass ihn stehen, schreit er, die dunkle kleidung schluckt ihn. sie hat etwas auf dem boden gefunden. in der handflaeche zeigt sie ihm eine batterie. er muss sich abwenden, sieht auf ihre schulterblaetter, sie hat sich umgedreht, nur eine atemwolke zeigt ihre anwesenheit. nero fragt, ob sie wuetend ist. sie verneint, geht ein stueck, schaut nichts an. eben in dem gebaeude hatte sie mit ihm reden wollen. nicht jetzt. nun hat sie seine blicke ausgehalten, will sich begehrenswert zeigen. nero verzichtet, sieht sie nicht einmal, er sieht einen behaelter. [pn]

arvo paerts wiederholung stoert nicht

doppelrahmstufe. sie muss es sich verkneifen auf dieses wort zu sehen. die streichbewegungen sind ausgewogen, nicht sparsam.die scheibe weizentoast muss ganz bedeckt sein. auch am rand. das gewissen fuehrt ihr die hand, wie bei nutella. sie giesst milch in ein glas, haelt es gegen das licht, da sie einen schmutzrand vermutet. sie hat sich getaeuscht. wo kommt eigentlich die ganze milch her? sie haelt die scheibe, die sie so schon hundertfach hielt einen augenblick fest. wenn alle jetzt ein brot essen? sie zaehlt an der hand ab, laesst es sein. der toaster knallt die brote heraus, wirft eine scheibe auf den boden, als wolle er, dass sie sich buecken muss. sie lacht, die letzten konnte sie nicht abwarten. hat mit zwei fingern gegen den hebel gedrueckt. kurz mit ihm gekaempft, den widerstand gefuehlt und ihn erbrechen lassen. mit der einen hand ruehrt sie die sosse um, giesst die kartoffeln ab und stellt den ofen um siebzig grad herunter. [pn]

angstrom

wir werden in dem bus durchgeschaukelt, der fahrer verwechselt bremse und gaspedal, ein maedchen kommt herein, es hat seinen bruder an der hand. sie reden ueber schusswaffen, er sagt, dass sein alter ihn daran hindert auf den uebungsplatz zu gehen, er sei zu jung. der bruder insistiert, dann kapituliert er. ein junges maedchen kommt herein. sie traegt eine aufschrift auf der brust. vierundzwanzig stunden offen. sie ist fuenfzehn. die sonne scheint uns allen auf den ruecken, solidarische verbennungen. eine frau kommt herein, auf ihrer hose einhundert etiketten aufgenaeht, sie hat einen grauen hund dabei. sie tauscht mit einer anderen frau den platz, damit der hechelnde hund liegen kann. der bus haelt an, der fahrer tritt durch die letzte tuer und bittet darum einen maulkorb anzulegen. es waere nicht seine private rede, sondern gesetz. koepfe schuetteln sich, der korb wird umgeschnallt, der hund kriegt einen starren blick, ich schaue ihm noch in die augen bevor er aussteigt. das tut er bald. er nimmt die frau mit. [pn]

flugschreiber

so wie die choreographie in einem pornofilm. absehbar und enttaeuschend, obwohl das wesentliche vielleicht vorhanden ist. es gibt einfache regeln zu befolgen. genauer betrachtet werden sie zunehmend sperriger. ernaehre dich gesund, bewege dich, entsage den lastern. nachts vor dem fernseher wirkt die welt tatsaechlich fern. flugschreiber sind nicht schwarz, sondern orange, werden im heck und in der mitte des flugzeugs installiert, da es dort statistisch am sichersten ist. die postmoderne frisst sich selbst, kaut an der vergangenheit, hat angst vor der zukunft. die buergerliche vorstellung der zukunft bedeutet rekombination von bestehendem und den unmittelbaren moeglichkeiten. wir stecken fest durch die angst einen schritt auszulassen. die dinge werden anders, veraendern sich aber nicht. preussische fassaden, als duenne membran auf gesichtslose architektur gespannt, dahinter unsicherheiten. diskussionen. zahnbleichtabellen und fettprozente schlagen wellen gegen diese gebaeude und spuelen uns kopf& modelle an die kueste. nicht waehlerisch greift die hand. der wunsch erst einmal zu besitzen ist stark. wir haben dinge gern. waehrend der zahnstocher die fleisch/tofu/gluecksreste entfernt , stuerzen flugzeuge senkrecht in die erde. wie kalt kann ein herz werden? der arzt stellt beim ruhe-ekg keine unregelmaessigkeiten fest. die serotonin_wiederaufnahme_hemmer kreisen blutveraendernd im schaedel. der pfefferminztee ist kalt, als waere das leben ein poesiealbum. welche sensoren stellen die unzufriedenheit fest?

in den testlabors der lebensmittelhersteller werden die probanden in sterile und aromasichere raeume gesetzt. wohl eine beschaeftigung ,die auf den ersten blick nicht furchterregend erscheint.man tauscht wohl ungern mit dem bergarbeiter. auf klebstofffreiem boden in der sichtschutzbox in fehlfarben bier oder joghurt schmecken, die arme mit lotion einreiben, voll von hoffnung ,das kein auschlag entsteht. mit routine punkte setzen oder tasten druecken. viskositaet und farbe. geruch und eindruck. geht das licht schon an? verlieren wir an hoehe? das bedauerliche ist, dass dieser test politisch ist, kuehn demokratisch. die vollstrecker diktieren den geschmack einer masse , die nimmt und eilig mischt. das wasser mit dem pulver kreuzt , als sei es eine messe. die priester selbst doch ohne glauben. in weissen kitteln jederzeit bereit in der werkhalle zu stehen. mit emblem am herz vor kreischender maschine. dolmetscher geben ihr befehle. das fernsehteam faengt arbeitsweisen ein, vermeintlich einen mosaikstein einzusetzen. es truegt. es ist zu laut in dieser halle, dass die person letztendlich schreien muss: das machen wir noch mal. die abstraktion nimmt zu in einer spirale, wenn hergestelltes noch mal erwaermt wird. immer wieder in den egosphaeren generiert. ein mikrowellenofen macht den menschen sorge, weil keine drohgebaerde sichtbar ist.

dramatisierung des alltags, die haende klatschen automatisch, weil wir noch eins sind. der wunsch nach stille ist noch da. propellerfluegler landen sanft, wozu noch ueber teufel schreiben? und diese leere ist kein alptraum, weil gerade dies ihre funktion ist. absolute leere flaeche, nicht weiss. nicht schwarz. chargierend grau. wir ueberleben diese waesserung. ist dies die taufe einer ganzen art? die fuesse stampfen auf beim gehen. strikte anweisungen.
in uns medien stecken turbinen,die dasselbe blut antreiben, das man vergiften moechte, wenn man das glas ansetzt. sich danach umschaut in einer lautstaerke und intensitaet, scheinbar unsere eigene wahl. drehmoment im gleitflug. es gibt unter der verallgemeinerung auch den verzicht , darueber aber die kruste der schlaefrigkeit. der verpasste tatendrang stillt nicht die begierde, lindert nicht. das ich zirkuliert, damit die situation noch schlimmer wird.

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