raketenland



beim atmen spuere ich jetzt die neue innenform der lungen. eine plastiktuete in der brust mit grausamer eigenresonanz. insgesamt berechtigt. ich mache haken auf die liste. schmerz des pankreas. ich verstehe nichts von medizin, riskiere ein dicke lippe vor den anwesenden aerzten. beuge mich weit in die angestaubten gesichter, die vor der mattscheibe stecken. zaunphaenomene, sagen die studierten. ich schweige betroffen, hebe stattdessen die hand zum olympischen gruss. dafuer gibt es keine kuesse, sondern trockene nackenschlaege. uniformierte schleifen schlaeuche in die halle hinein. ihre abzeichen blitzen streng. selbst die alten halten sich jetzt breit und abseits, starren mich bloss an, als kaltes wasser auf mich abgeschossen wird. im hintergrund geht heimlich eine zigarette unter den doktoren herum. sie versuchen mir bereits seit wochen eine lungenentzuendung zu verpassen. kostbare sendezeit verstreicht. spaeter wird mir etwas nahrung gereicht. erniedrigende kunststueckchen fuehre dankbar dafuer aus. manche klatschen sogar. einschaltquote stimmt. erstaunlich frisch fuer soviel leid. ich lache oft aus ehrlichem schmerz. der koerper missversteht sich langsam selbst. schade um seine gruendlichkeiten. ich schlafe unfreiwillig dann. sie schlagen mich ins koma. davor lachen sie wahrscheinlich. ich hoere beim fallen immer schlecht. der kiefer davon schon zugeschraubt und sproede. jahre vergehen. sie pflegen mich bemueht und intensiv. musik wird live gespielt, tanz soll das erwachen animieren. erst effekte. beleidigungen folgen, wenn monate ereignislos vergehen. die schuld wird fluessig an mich verfuettert. schokolade oder vanillie. kontrastschwache anzeigen protokollieren die verbliebene vitalitaet. in meinen adern fliessen potente gifte. maschinen zirpen um das bett. manchmal laden beben erdplatten unter spannung auf. egal. erster wiederaufbau. die ganzen absichten sind auf papier geschrieben. antik und pflichtbewusst. es kreist immernoch atom um atom. darunter strings vielleicht, die energetisch schwingen. boomende stadt trotz allem. volt und watt. wir koennen nie vollstaendig verstehen. deshalb werde ich gebaut. aber, sagen die aerzte, in jeder zukunft gibt es geld. neue ideen. ein neuer therapieansatz. nach elf operationen atme ich wieder eigenstaendig. undankbarkeit ist uebrig. ein alter prozess, der leere zweifel schafft. es wird bald elektrisch geschnitten. ich erfahre es zuletzt. mit offener schaedeldecke deute ich auf karten. lese worte von einem bildschirm herunter. werde gebeten gesichtsausdruecke zu deuten. die sprache geht mir dabei leiernd abhanden. erneut gelaechter, da der koerper synaptisch reagiert. medizinerhumor. zur strafe werde nach der operation in narkose versetzt. zwei pfleger schieben mich auf dem flur hin und her, lassen das bett mit ueblem schwung gegen die waende fahren. selbst in den gurten festgeschnallt falle ich oft fast heraus. gravitationserlebnis. sie machen endlich pause, gehen fort. der fremde wille wirkt. eine stunde lang steht mein bett neben dem arbeitenden reinigungsroboter, der unfaehig ist vorbeizufahren. endlosschleife seiner metallischen bitte den weg freizumachen. ich starre zur decke, versuche ihn zu ueberhoeren. dann dritter montag. ich erkenne die halle still wieder. viele aerzte sind faltenfrei gestorben, aus reiner muedigkeit. der weg ist weit zur perfektion. alte werte, aber neue apparate aufgestellt. ich staune. eine faszination liegt selbst in dunkler wiederholung versteckt. das geheimnis ist in der kontruktion selbst einen punkt zu finden, der einzigartig ist. nach einem auschnitt zu suchen, der damit unbekannt und oberflaechlich metaphysisch wirkt. ich habe dann starken, beinah goettlichen durst. die glasflasche, erst freundlich gereicht, wird mir laut drehbuch ploetzlich gegen die zaehne geschlagen. es gelingt. [pn]