das rauchverbot eignet sich nicht dafuer



milch mit messern drin.im vorbeigehen fasst mir ploetzlich ein tuerke an die schulter. sehe ich schon so fertig aus? eine frau folgt ihm einige schritte, dreht sich zu mir. geht gleich weiter.

in kurzer schwaeche des aberglaubens meine ich vom todesengel beruehrt worden zu sein. ich kann den sinn nicht einordnen. das fremde paar beraet jetzt am oberen ende der treppen. als ich hochschaue sind ihre koepfe in meiner kadrage abgeschnitten. sie scheinen sich nach polizistenart zu streiten. der mann lehnt am gelaender. rotgruene lichwechsel beleuchten alles durch die rolltreppenaktivierung. mythos treppe? showtreppe. still die treppen hochschleichen. treppensturz. ort des auf und absteigens – alles kann ploetzlich thema werden. ich schaue auf den fahrplan, um mich an etwas konkretem festzuhalten und verstehe die zahlenspiele nicht.

durch die kopfhoerermusik hoere ich eine frau laut nach hilfe rufen. ihr schrei geht durch mark und bein. eine einbildung? ja. synchronizitaet der ereignisse. ich lache zum ersten mal und reagiere nicht weiter. das nichthandeln der anderen menschen legitimiert mir meine ignoranz. wir stehen gemeinsam stumm im ubahn-warteschacht. zwei jugendliche haben sich auf den blossen boden gesetzt. schnell stehen sie wieder auf, nachdem ihnen die revolte zu kalt geworden ist. kompakte einheiten schwaermen die treppen herunter.

mann mann. frau frau. frau mann.

herrlich militaerische ordung. in den plastiktueten liegt immer bier. parallel klirren dazu goennerhafte gedanken aufeinander. oder die schneidezaehne gegen eine sektflasche. jung kaputt spart altersheime. und alt? ich kann samstags nichts veruebeln, auch ich ziehe mich ins innere exil zurueck. bamm! ein gleisarbeiter laesst die schranke zum alles verschlingenden ubahntunnel zufallen. ich sehe nur noch hand und arm in uniform verschwinden. als bild zurueckgebliebene beine in der unschaerfe. ein euphemismus faellt mir dazu ein: er ist ins wasser gegangen.

ich lache innerlich sehr laut auf. draussen bringt schienengeratter die attraktionsverkleideten durcheinander. komisch, die tuer-pneumatik riecht immer nach pisse. gedraengel: zwei klingonische frauen verlassen die ubahn. star trek-convention am ende der stadt in einer klammen lagerhalle. weihnachtslametta ist jetzt sternenstaub – in der phantasie geht alles. wir sind am film entlang erzogen worden. muedes laecheln fuer ein unausgewogenes zitat. identifikation ist rettung. was bedeutet das ? ich bin nicht dran. du bist. ich hoffe, dass sie nichts kaputtes ausser ihren vorstellungen heraustragen werden und steige mit einer gruppe rasselnder skater ein.

betablockerabteil. zwei alte halten sich tuechtig die hand. sieh mal an! fehlt nur noch grillenzirpen. ich stutze. ubahnwaggons haben gar keine abteile. betrunken sehe ich nicht mehr, wie andere mich betrachten.

ein dicker rotkopf schwankt umher und produziert ein gedankenspiel: einige stunden zuvor auf seiner betriebsfeier. der mann laesst sich gehen. heute druecken alle kollegen mal ein auge zu. er persoenlich schliesst genuesslich beide lider. der rest verzieht die schnauze und fuerchtet sich vor dem eigenen blinzeln und der damit verbundenen einsamkeit. die feier endet, nachdem alle anwesenden die schwierigkeit des einzeln-nacheinander-entspannens der augen festgestellt haben. kollektives kopfschuetteln ueber die schnelllebige moderne. immer diese weichen broetchen! in einigen tausend jahren hat der mensch eine kauleiste statt gebiss, sagt eine stimme aus der zweiten reihe. souveraenes raeuspern : immer das ziel im visier behalten! sagt der chef und kratzt sich irgendwo vor ahnungslosigkeit. auf-die-uhr-schauen und verabschieden.bis morgen, klaus! aber nuechtern. haha.

zurueck in der bahn : jetzt kann klaus frei und oeffentlich die ersehnte ohnmacht simulieren. im spass faellt er zu boden.heidewitzka ! ironiebefreite beissende fahne. eine arena bildet sich. halbkreis nach innen offen. eintritt frei. klaus` kollege sitzt meter entfernt und labt sich am einfallsreichtum seines einfachen freundes. er muss morgen noch die dvd zurueckgeben. zum glueck hat er das guenstige spezialangebot wahrgenommen. frohes lachen einer skinhead-handlung ergibt sich spontan bei ihm. oder hat er noch ueber klaus gelacht? es ist schwer einzugrenzen, da er es selbst nicht weiss.

paff! nichts passiert. sofort sind klaus&kollege von allen u-bahnnauten vergessen. irritiert und verunsichert hoffen beide wenigstens einmal aufzufallen. ihr finaler traum ist es ins fernsehen zu kommen. anlass egal. stattdessen faehrt im scheibenfenster die welt unbeeindruckt als asphalt vorbei. eine flaeche die nahtlos zwei raeume verbindet. die kamera faehrt zurueck, wird neu justiert. werbung draussen und drinnen.

mein bodenblick zeigt zu viele quadratische schuhe. schnitt. ich lehne mich in die sitzschale zurueck. halte und stosse partikel weg. unertraegliches rauchverbot. ich wundere mich, wieso ich auf der strasse keine haeuserdaecher erkenne. verortung ist truegerisch. wo ich nicht bin, existiert nichts. likoerpathos: zeitgeist ist das geniessen beruehrungsfreier augenblicke in anstaendiger grundnot. der totale geistige buergerkrieg. als guerillakaempfer gegen die mediale intelligenzija vertilgen wir den bilderhunger durch bilderproduktion: sagt der photograph und besteht weiterhin darauf, mit ph geschrieben zu werden. trotzdem herrschen banalsysteme. im kopf sind hindernisse und entscheidungsklappen eingesetzt. heraus quillt die gaenze unserer vollstreckung.

in der zeitung: chinesisch-islamisches erstarken wird realbedrohung durch den europaeischen zusammenbruch des selbstverstaendnisses.

in der groben wirklichkeit, die in keine schlagzeile passt, zieht sich der ohnmachts-suechtige mit rotem kopf wieder vom boden hoch. er ist der wahre kulturfaschist. die sinne reichen ihm vollkommen. selbst der nasse tunnelblick hindert ihn nicht mit seiner ungelenken koerpersprache folgendes zu sagen :

die aufklaerung eingefaltet zu tautologischen seitenblicken. zu fruehe selbstreflektion behindert neue handlungen. das ende der geschichte durch rueckbesinnung auf bereits gelebtes. schale second hand moden. musikalische loops. die tuecke der retrospektive ist die gefahr der selbstueberschaetzung. wo schon gestriges zum leitfaden eines imaginaeren morgen ausreicht, findet sich schnell falscher stolz. die festung europa beginnt nach angst zu stinken. arrogante erhebungen durch illusion der kulturellen vielfalt und der einigkeit der teilnehmer auf die vormachtsstellung. verkappte professorenfuerze. seht mich an! ich leiste den wichtigen beitrag durch absolute deckung meines inneren mit dem aussen!

das tanzen des betrunkenen ist meine theorie geworden. beim muedewerden sitzt mein doppelgaenger im nebenvierer. vierer? di-normierter vierersitz. die schuettelrasseln der skateboarder sind leiser geworden. die euphorie des wartens hat uns gerade ueberrannt. die bahn steht bereits zehn minuten unterirdisch. wie schoen.

kurz bin ich in der lage aufrecht zu sitzen. vertrautes zusammensinken kehrt wieder. zusammensinken – eine ueberschrift, die im weissblatt auftauchen wird. die neuen medien bestehen aus weisser schrift auf weissem papier. filme ohne bild. schweigen wird gold werden. hotels mit dunkelkammern steigen dann aus der erde. wellness beginnt heute und das neue ruhe-finden von morgen ist abosulute reizlosigkeit.
oft ausgebucht.

in der gegenwart: der treue hat sich hier niemand verschrieben. freundliche tritte gegen meine rueckenlehne. endlich fahren wir los. die anspannung abstellen, nichts wollen-muessen, trotzig gewicht aufladen. ironie der geistigen und koerperlichen trennung. alkoholische kopfnuss. saettigungsempfindung. nanosekunde der unterdrueckung im wahrnehmungsstottern der bewegung. blankpause zur ertraeglichkeit. jeder nervenimpuls fordert seine zeitspanne.

aendert sich das bild noch? erstaunlicher mensch mit zahnfaeule. die rippen sind einfach da und bewegen den brustkorb dennoch. manchmal herzschlagen. ich vergesse, dass ich nur im transportmittel sitze und kratze aufmerksamkeit zusammen, damit sie mich nicht verhaften muessen. denn es ist laecherlich wie ich aus der bahn aussteige. [pn]