scheren werfen
der sand klebt unter den nassen fusssohlen, er hat dreck in die wohnung gebracht. eine wohnsituation, sagt klara, du ziehst hier aus!sie will entschlossen wirken und erkennt nicht, das ihr gesicht entsetzlich leer ist. hans denkt sich: du neutrale. aber nur im stillen. er stellt das radio lauter, nickt und verzichtet auf den sportteil, den er nur liest, weil sein vater dies tat. menschlichkeit ist erziehungssache. hans sieht den vater kleinteilige bewegungen machen, vor allem nach dessen operation. kehlkopfkrebs, danach nur hochgeschlossene hemdkragen, als koennte ein erwachsener mann nicht feststellen wo sein hals endet. merkwuerdig sah der vater aus. hans telefoniert nur ungern nach hause, die scheppernde kastenstimme verzieht sich durch die leitung. unmoeglich staendig nachzufragen, da fuehlen sich doch beide teilnehmer bescheuert distanziert. um wuerdevoller sprechen zu lernen reicht es schon aus extensionen in die saetze einbauen. im kopf sitzt hans in der rhetorikschulung seiner firma. drei wochen noch, denkt hans und schiebt die eierschale auf das naechste tischdeckenkaro. klara schuettelt die teller in die spuele, ihr ruecken zeigt ihm, dass sie ueber die defekte programmautomatik der spuelmaschine veraergert ist.
der erste helfer im haushalt! hans greift sich an die finger, er hat die aufzaehlungen satt , die hierarchie der kuechengeraetschaften schon so haeufig gehoert. es gleicht einem abzaehlreim der nachbarskinder, die in der anliegenden allee herumirren, scheinbar spielen und dabei singen. frueher zog klara noch manchmal abwechselnd kleine und grosse augen beim vorbeifahren an den grossen fassaden, den repraesentativen vorgaerten und reklamefreien briefkaesten. die firmen trauen sich heute nichts, wegen der teuren anwaelte in wartestellung! hans lacht ueber das anwaltsproletariat. dort wird keine werbung eingeworfen. in seinem viertel quollen die buntverschnittenen prospekte foermlich in die freiheit. ausgestattet mit einem ueberlebenstrieb aus papier, menuefolgen billiger chinesen durch wind in die baumkronen gehaengt. die stadtteile brauchten keine einkommensstatistiken, das unterschiedliche gewicht der bedraengungsbotschaften reichte bereits. hans kann es sogar ohne feingestimmte briefwaage verstehen. er laesst die reste des fruehstuecks stehen, einen schluck in der tasse, ein angebissenes stueck brot auf dem brett. klara nimmt dies immer wie rache auf. sie drueckt mit der spitze der pumps auf den muelleimertritt und laesst aus unnatuerlicher hoehe essensreste in die blaue tuete stuerzen. sie schiebt immer nur mit der gabel nach, nie mit den fingern. [pn]
Kategorie: wachsfigurenkabinett
Schlagworte: geschlechterkampf
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